Die Philosophie des Islam in ihren Beziehungen zu den philosophischen Weltanschauungen des westlichen Orients / von Max Horten ; mit einer Darstellung von Muhammeds Himmelfahrt nach einer Miniatur des 15. Jahrhunderts.
- Max Horten
- Date:
- 1924
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Credit: Die Philosophie des Islam in ihren Beziehungen zu den philosophischen Weltanschauungen des westlichen Orients / von Max Horten ; mit einer Darstellung von Muhammeds Himmelfahrt nach einer Miniatur des 15. Jahrhunderts. Source: Wellcome Collection.
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![Rein dahritisch-atheistisclie Spricliwörter habe ich in meiner „Ein¬ führung in die türkische Sprache und Schrift“; Halle 1916, S. 100, angeben können. Sie sind in dem Sprichwörterschatz des Orientes durchaus nicht selten. Die mystische Einheitslehrc der Volksliteratur zeigt ,,cin alter Schattenspiel-Prolog“ (Georg Jacob: Türkische und andere morgen¬ ländische Dichtungen; Kiel 1915, 8 f.). Die Literatur der Weisheitssprüche: Victor Chauvin: Bibliographie des ouvrages arabes, Heft II und III. L. C h e i k h o S. J., Beyrouth 1905: Ausgabe von Kalila wa Dimna. Comte Henry de Castries: Les Gnomes de Sidi Abderrahman el Medjdoub; Paris 1896. Das literarische Weltbild der Perser entspricht deren optischem Typus. Eine reiche, oft übertriebene Bilderpracht drängt sich uns entgegen, eine Fülle von Licht und Farben. Der Urgrund der Welt kann demzufolge nur Licht sein, dem sich, um die Abstufungen der Weltdinge zu bewirken, die Finsternis beimengt. Dazu mischt sich, entstanden und gewachsen an dem Klangreichtum der Sprache und dem Schweben des Rhythmus, ein sprachlich - akustischer Zug, der sich in der späteren Zeit in gekünstelten Wortspielereien äußert, die das lebensvolle Gefühl vielfach überdecken und gar ersticken. Der Grundzug bleibt aber eine fesselnde Naturw'ahrheit mit klarer Innigkeit und Zartheit der Empfindung, zu der sich die feinen Töne pantheistisch- mystischer Weltbetrachlung (schon seit Rudagi [954 t] und Hosrawäni [um 960]) mischen. Das Menschenleben behandeln die Sinnsprüche (rubä'i, Sinngedichte von vier Versen, Vierzeiler), mit denen persische Dichter-Philosophen die Weltliteratur in einzigartiger Weise bereichert haben. '^Omar Hajjäm hat uns in dieser Form das Tiefste hinterlassen, was Menschengeist und Menschenherz erleben kann. Von höchstem Werte sind ferner die Gedichte zum Lobe der Nächstenliebe, zum Preise des Friedens, der Menschenachtung, der Vermeidung aller Kriege, die uns bereits am Ende des 10. Jahrhunderts entgegenklingen. Die altpersische Idee der strengsten Gerechtigkeit und der Sorge für das Menschen¬ wohl klingt bei diesen geistigen Führern (der didaktisch-mystischen Poesie) nach und es bleibt verständlich, wie bei dieser Beanlagung zum Erschauen von Welt und Menschenleben der alte Lichtkult der zoroa- strischen Religion immer noch begeisterte Anhänger fand (seit Daqiqi) und noch heute findet, wenn diese Vorliebe auch zu poetischen Bildern und Freude am Lichte (dies wird mit Geist und Gott gleichgestellt) sublimiert ist, ohne sich in äußeren Kultakten zu betätigen. Die seelische Haltung des Persers, in der er ein Diener des Propheten und Allahs bleibt, ist auch heute noch die des Lichtkultes. Das Wesen bleibt, die Gestaltungen und Formen wandeln sich. Wie enge verwandt die persische Literatur sich der Philosophie fühlt, zeigt schon in der Form die munäzara (seit Asadi zur Zeit Mahmuds), das Diskussions¬ gedicht, das dem nach Unterhaltung verlangenden Orientalen (man kann bei ihm von einem sozialen Typus sprechen) durchaus ent¬ spricht und das in den wissenschaftlichen Diskussionen der magöli, der Versammlungssäle der Schulen und Lehrer eine gleichgerichtete Ausprägung fand. Wie stark bereits in der literarischen Kulturschicht die orientalische Philosophie unterbaut und fundiert ist, zeigen diese Andeutungen. Einzeldarstellungen von Typen, Richtungen, Individuen 3G7](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29827942_0375.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)