Die Philosophie des Islam in ihren Beziehungen zu den philosophischen Weltanschauungen des westlichen Orients / von Max Horten ; mit einer Darstellung von Muhammeds Himmelfahrt nach einer Miniatur des 15. Jahrhunderts.
- Max Horten
- Date:
- 1924
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Credit: Die Philosophie des Islam in ihren Beziehungen zu den philosophischen Weltanschauungen des westlichen Orients / von Max Horten ; mit einer Darstellung von Muhammeds Himmelfahrt nach einer Miniatur des 15. Jahrhunderts. Source: Wellcome Collection.
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![eine Gedankenwelt könne man nur verstehen, wenn man das geschicht¬ liche Werden ihrer Ganzheit und ihrer Teile überblicke. Demgegenüber ist zu betonen, daß ein logisches Verständnis der Gedankenzusammen¬ hänge eines Systemes nur in dem Einblick in seine Begriffe besteht, und da diese sich nach den Zeiten ändern, liegt die Gefahr nahe, daß geschichtliche Gleichsetzungen Begriffsverwirrungen herbeiführen kön¬ nen, indem die Vorstellungen der älteren Periode auf die jüngere über¬ tragen werden, unbeachtet der vielleicht unterdessen vorgegangenen Veränderungen. Auf solchen prinzipiellen Irrtümern beruhte auch der Glaube, man könne das Wesen des heutigen Islam aus seinen ältesten Dokumenten aufklären, unbeachtet dessen, daß die Auslegung dieser Quellen zu allen Zeiten eine andere war und daß der heutige Islam nur aus ihrer heutigen .\uslegung zu verstehen ist. Der Einblick in logisch-systematische Zusammenhänge muß an die Stelle früher beliebter Anhäufung historischen Stoffes treten, da dieser nur über periphere Linien .\uskunft gab und den Blick vor dem Wesentlichen verschloß. 249. Schattenlheatcr: Georg Jacob: Geschichte des Schattentheaters; Berlin 1907, das auch die Einflüsse auf das Abendland bespricht. ,,Wir sahen, wie schon in vorchristlicher Zeit im fernen Osten tiefsinnige Wanderapostel des indischen Erlösers in der gestaltungsreichen Bühne ein Abbild dieser Welt des Scheins erblickten.“ ,,Als eine Dienerin der Romantik ist auch die Schattenbühne ein Kind des Ostens. In großer Menge sind ja kosmologische und eschatologische Vorstellungen, Legenden, Märchen, Sagen und Schwänke zu uns aus dem Morgenland gewandert. Dieses Lehngut hat sich meist vollständiges Bürgerrecht bei uns erworben.“ ,,So sind unsere Romantiker, wie häufig, auch bei der Schattenbühne in der Meinung, das eigene Volksgut zu fördern, an orientalisches Lehngut geraten.“ Georg Jacob: Türkische und andere morgenländische Dichtungen; Kiel 1915; 9. 250. Trefflich charakterisierend urteilt über die Beduinen¬ dichtung Carra de V a u x: Penseur 1, 330. 383, 10 ff. Er sicht auch den unvisuellen Zug des beduinischen Menschentypus: ,,Ils sont observateurs plutöt que coloristes. Jacob: Bektaschijje, 1909; 13, 14. Weltanschauliche Daten könnten auch aus den KunsLschöpfungen gewonnen werden. Solche Daten sind jedoch nur allgemeinster Natur, keine präzisen Lehren, sondern Stimmungen, Betrachtungs- und Empfindungsweisen. Sie gehören daher nicht an diesen Ort und ihre Behandlung müßte das ganze Kunstmaterial vor Augen haben. Eine weitere Quelle für weltanschauliche Beobachtungen ist das gesamte äußere Leben des Orients. Aber auch dieses liefert im Grunde nur Daten über die subjektive Einstellung des orientalischen Menschen zu Welt und Leben, Gefühle und Erlebnisse (zu denen reiches Material bei L a m m e n s und L a n e [43] zu finden ist). Daß die Weltlehren des Orientes nur im Rahmen dieses materiellen Außcnlebens und des südlichen Klimas plastisch gesehen werden können, ist so selbstverständlich, wie daß die Maqamen Hama- dänls nur im Städteleben des Orients^und die mystischen Weinlieder des Häfiz nur in den Rosengärten von Siräz genossen werden können. 251. Für die im späteren Oriente lebendigen Weltansichten, be¬ sonders die typische Lichtlehrc, lassen sich, so glaube ich, im alten Oriente einige Ansätze nachweisen, was in der Darstellung hervortritt.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29827942_0377.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)