Uber die Einwirkungen lebender Pflanzen-und Thierzellen auf einander : eine biologische Studie / von Th. Billroth.
- Date:
- 1890
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Credit: Uber die Einwirkungen lebender Pflanzen-und Thierzellen auf einander : eine biologische Studie / von Th. Billroth. Source: Wellcome Collection.
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![diesen vergiftet werden, oder dieselben tödten und verdauen. Metscli- nikoff hat diese Vorgänge besonders genau studirt und die Zellen, welche die Mikrobien fressen, «Phagocyten» getauft. Dass diese Todesart dei- Mikrobien, die übrigens auch nicht allzu verbreitet scheint, ein sehr wesentliches Moment für das Aufhören von Processen bildet, die durch Mikrobieuvegetationen bedingt sind, wird zumal von Bau mgarten sehr energisch bekämpft, bezweifelt. — Ein anderes Moment dürfte von grösserer Bedeutung sein. Es ist ein durchgreifendes Gesetz für die organisirten Wesen, dass sie in den Endproducten ihres Stoffwechsel.^ nicht leben können. Die Hefezelle stirbt im Alkohol, den sie aus dem Zucker gebildet hat; die Fäulnissbakterien sterben in den fauligen Zcr- setzungsproducten, in welche sie die Eiweisskörper zerlegt haben. Der ]\Iensch stirbt in der Kohlensäure, die er ausathmet, wenn ihm nicht neuer Sauerstoff zugeführt wird. Die Gährungspilze werden in den Producten ihres Stoffwechsels nach und nach immer träger in ihrer chemischen Arbeit: sie fallen zu Boden und ihre Vegetation höi t auf, noch ehe aller Zucker in Alkohol und Kohlensäure umgesetzt ist, noch ehe der ihnen ebenfalls nöthige Stick- stoff aufgebraucht ist. Ihre Vegetations-Erschöpfung hat nun zur Folge, dass sich in der Alkohollösung andere Pilze ansiedeln, welche den Al- kohol in Essigsäure umsetzen. Meist geht bei den sogenannten wilden Gährungen die Essiggährung bald neben der Alkoholgährung einher. Aehnlich ist es mit dem Uebergang der Milchsäuregährung in Butter- säuregährung etc. — Uebertragen wir diese Vorstellungen etwa auf einen durch Staphylococcus aureus veranlassten phlegmonösen Process, so können wir uns denken, dass die Coccenvegetation, welche in den gesunden Gewebssäften sehr energisch vor sich ging und sich rapid in den Gewebsinterstitien ausbreitete, durch die Producte ihres Stoffwechsels früher oder später theils stirbt, theils in ihrer Vegetationsenergie der- art beeinträchtigt wird, dass sie sich immer langsamer in neues ge- sundes Gewebe vorschiebt. Anfangs war der Sieg ausschliesslich auf Seite der Mikrobien; nach und nach aber wird ihre Kraft schwächer, und nun können die Gewebszellen und Leukocyten sich auch wieder mit Erfolg an dem Kampfe um das Ernährungmaterial betheiligen, welches die Mikrobien in ihrem Erschöpfungszustande kaum noch we- sentlich zu verändern vermögen. An dem Flüssigkeitsinhalt metastatisch entzündeter Gelenke, die ich wiederholt punctirte, habe ich Folgendes beobachtet. In der ersten, noch leidlich klaren Punktionsflüssigkeit i eine grosse Menge von Streptococcen, wenig Eiterzellen. Einige Tage j später war die Flüssigkeit schon dünneitrig: Streptococcen in geringer Menge, Eiterzellen vorwiegend. Wieder etwas später war in dem ent- leerten reinen, schon etwas dicklichen Eiter kaum noch Streptococcus zu finden. Die Eiterzellen hatten also endhch das Terrain ganz erobert;](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2198945x_0014.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)