Die Entwicklung der Medicin in Berlin : von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Eine historische Skizze / Festgabe für die Mitglieder und Theilnehmer des fünfzehnten Congresses für Innere Medicin im Auftrage des Geschäftscomités des Congresses für Innere Medicin.
- Julius Leopold Pagel
- Date:
- 1897
Licence: Public Domain Mark
Credit: Die Entwicklung der Medicin in Berlin : von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Eine historische Skizze / Festgabe für die Mitglieder und Theilnehmer des fünfzehnten Congresses für Innere Medicin im Auftrage des Geschäftscomités des Congresses für Innere Medicin. Source: Wellcome Collection.
Provider: This material has been provided by the Harvey Cushing/John Hay Whitney Medical Library at Yale University, through the Medical Heritage Library. The original may be consulted at the Harvey Cushing/John Hay Whitney Medical Library at Yale University.
111/174 (page 81)
![Nach Graefe's Tod wurde Johann Friedrich Dieffenbach (1794—1847) sein Nachfolger, der bereits 1847 starb und nach einem kurzen von Karl Angelstein (1799—1868), (seit 1824 Assistent Graefe's, 1831 Privatdocent, 1842 Sanitätsrath, 1847 Geb. Sanitätsrath), geleisteten Interimistikum durch Bernhard von Langenbeck (1810—87) ersetzt wurde, dem bei seinem Abgange nach Wiesbaden 1882 Ernst von Bergmann (geb. 1836, vorher in Würzburg) folgte. An die hier genannten Männer knüpft sich hauptsächlich der Ent- wicklungsgang der Chirurgie in Berlin. Auch hier lassen sich drei Perioden unterscheiden. Allerdings ist es nicht der Kampf zwischen Naturphilosophie und Naturwissenschaft, für dessen Austrag die Chirurgie einen Boden bietet wie in der inneren Medicin, obgleich sie auch diesem nicht gänzlich sich entziehen kann, vielmehr ein anderer, mehr äusserlicher Faktor, der die Scheidung in bestimmte Abschnitte bedingt. Es ist der Kampf der Chirurgie um das Bürgerrecht in der Medicin. Ehe dies erreicht wird, ehe die Chirurgie sich aus ihrer inferioren Stellung, die ihr von den Vertretern der inneren Medicin eingeräumt war, allmählich zu dem heutigen hohen Standpunkte emporschwingt, vergehen Jahrzehnte. Lange wogte der Streit der Meinungen in endlosen Discussionen hin und her. In Hufeland's Journal XII, Stück 4, p. 85 ff. 1801, findet sich em umfangreicher anonymer Aufsatz, der schon durch seine Ueberschrift charakteristisch für die betreffende] i Stimmungen und Strömungen ist: »Ueber das Verhältniss der Chirurgie zur Medicin und ihre Vereinigung«. Dazu bemerkt am Schlüsse (p. 163 1. c.) der Herausgeber Hufeland : »Die ganze Frage (sie!) löset sich also in folgende einfache Sätze auf: Die Chirurgie als Wissenschaft ist ein Theü der Medicin (Heilkunde) und kann gar nicht von ihr getrennt werden. Der ausübende Theü (operative Chirurgie, che eigentlich allein nur Chirurgie heissen sollte) ist eine bloss mechanische Fertigkeit (sie !), zu der eigene Anlage und Uebung gehört, d i e m a n a 1 s o n i c h t j e d e m A r z t e z u m u t h e n k a n n (charak- teristisch !). Sie ist aber bloss als Instrument zu betrachten, was erst nütz- lich wird, wenn ihre Anwendung durch wissenschaftliche Grundsätze, folg- lich durch Medicin, geleitet und bestimmt wird. Jeder Arzt muss daher auch wissenschaftlicher Chirurg sein, aber er braucht nicht ausübender zu sein, wenn er nicht eine besondere Anlage dazu fühlt. Jeder Operateur aber bedarf der Methein zu seinem Geschäft ent- weder in seiner Person vereinigt oder in der Verbindung mit einem Arzt. Der blosse Operateur ist so gut wie sein Messer ein blosses Instrument, welches erst eine rationelle Führung bedarf, wenn es eine Wohlthat für die Menschheit werden soll«. Wir dürfen annehmen, dass in diesem Hufe- land'schen Dictum sich ungefähr die Meinung der Mehrheit der damaligen Pagel, Die Entwickelung der Medicin in Berlin. ß](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21009089_0111.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)