Zur Psychologie der Vorstellungstypen, mit besonderer Berücksichtigung der motorischen und musikalischen Anlage : auf Grund einer Umfrage der Psychologischen Gesellschaft zu Berlin / bearb. von Richard Baerwald.
- Richard Baerwald
- Date:
- 1916
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Credit: Zur Psychologie der Vorstellungstypen, mit besonderer Berücksichtigung der motorischen und musikalischen Anlage : auf Grund einer Umfrage der Psychologischen Gesellschaft zu Berlin / bearb. von Richard Baerwald. Source: Wellcome Collection.
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![die F ehlerzahl etwas herabsetzt, bei den bedeutend älteren Semi¬ naristen dagegen sie ein wenig steigen läßt (Lay nach Pfeiffer 28 S. 25), so ist dieser Befund für unseren Zweck wertlos, sofern, wie in allen derartigen Experimenten, die Methode der behaltenen Glieder oder die Erlernungsmethode zur Anwendung gelangt. Denn beim Einprägen wird, wiederum zum Zweck der Aufmerksamkeits¬ konzentration, das Mitsprechen, d. h. das Lautlernen auch von schwach motorischen Personen ausgiebig benutzt; daher der von Segal ent¬ deckte spezifische „Lerntyp“. Es folgt daraus ganz allgemein, daß die genannten beiden Methoden des Experiments uns über die wort- motorische Gesamt- und Grundanlage keine Aufklärung geben können,, sondern nur über die Wirkungen lokaler Dressur. Wenn diese sich bei Kindern stärker geltend macht als bei Erwachsenen, so ist das leicht verständlich; die kindliche Aufmerksamkeit irrt leichter ab als die des Erwachsenen, daher ist das Lautlernen als Konzentrations¬ mitte] dem Kinde unentbehrlicher. — In so kurzer Darlegung können diese Einwände leicht hyperskeptisch erscheinen; wir werden uns später ausführlicher mit ihren psychologischen Voraussetzungen zu beschäftigen haben. Trotz dieser Bedenken gegen die Beweisführung ist die These, die bewiesen werden soll, die stärkere und häufigere motorische An¬ lage der Jugendlichen, wahrscheinlich richtig. Kinder und junge Leute bewegen sich weit mehr und meist auch vielseitiger als Er¬ wachsene; sie gewinnen dadurch eine umfassendere Erfahrung auf dem Gebiete des sachmotorischen Vorstellens. Wie stark dieses Moment ins Gewicht fallen muß, ergibt sich schon aus unseren früheren Darlegungen auf S. 22—23 und 35—36, die zeigen, wie selten geübte Bewegungen undeutlicher und mühsamer vergegenwärtigt werden, herner zeichnen sich jugendliche Personen vor Erwachsenen aus durch stärkeren Bewegungstrieb und hemmungslosere Irradiabilität und Beagibilität, d. h. durch leichteres Übergehen von Vorstellungen, Gefühlen und Woihmgen in Bewegung — Eigenschaften, die wir als mitbestimmende Faktoren und solidarische Erscheinungen der motorischen Anlage erkennen werden. Auf sachmotorischem Gebiete dürfte die motorische Überlegenheit der Jugendlichen am meisten ausgeprägt sein, und gerade hier ist sie mir, wie ich glaube, deutlich entgegengetreten. Segal hatte](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29929957_0069.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)