Gährungserscheinungen : Untersuchungen über Gährung, Fäulniss und Verwesung, mit Berücksichtigung der Miasmen und Contagien sowie der Desinfection : für Ärzte, Naturforscher, Landwirthe und Techniker / Mitgetheilt von Ernst Hallier ; mit einer Kupfertafel.
- Hallier, Ernst, 1831-1904.
- Date:
- 1867
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Credit: Gährungserscheinungen : Untersuchungen über Gährung, Fäulniss und Verwesung, mit Berücksichtigung der Miasmen und Contagien sowie der Desinfection : für Ärzte, Naturforscher, Landwirthe und Techniker / Mitgetheilt von Ernst Hallier ; mit einer Kupfertafel. Source: Wellcome Collection.
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![Man könnte, namentlich bei den Miasmen, die Pflanzenzellen auch als blosse Träger eines giftigen Körpers betrachten, doch ist diese An- nahme bis jetzt nicht durch Beobachtungen gestützt worden. Die Cholera ist bekanntlich in drei Epidemien, 1830—1836, 1847 bis 1856 und 1865—1866, aufgetreten und jedes Mal aus Indien über Europa hereingebrochen. Nach den zunächst auf Bayern beschränkten Untersu- chungen von Max Pettenkofer ist diese Seuche eine contagiös-miasma- tische, d. h. sie kommt aus Indien, durch den menschlichen Verkehr ein- geschleppt, also durch Ansteckung, zu uns, während sie jedoch zu ihrer energischen und raschen Verbreitung eines bestimmten Bodens, einer besonderen Luftbeschaifenheit, also eines Miasma's bedarf. Nur in Asien entsteht sie autochthon; in Europa nur durch Ansteckung im Verkehr der Menschen untereinander. Dadurch unterscheidet die Form ihrer Verbrei- tung sich z. B. von den wahrscheinlich durch Oscillarineen entstehenden Sumpffiebern, Avelche zwar in manchen Landstrichen, so in den Sumpf- gegenden Kochinchina's, Indiens, in den Flussniederungen Nordameri- ka's u. s. w. besonders verheerend auftreten, aber auch in der Nähe weit unbedeutenderer Sümpfe autochthon entstehen, wenn auch in sehr ver- schiedenen Formen. Hier ist die Verbreitungsart entschieden miasma- tisch. Uebrigens giebt es keinen ganz strengen Unterschied zwischen Miasma und Co?itagiuin, was auch sehr begreiflich ist, wenn beide Orga- nismen sind. ]^ei der Cholera, wie sie als Cholera asiatica in Europa auf- tritt , liegt es besonders nahe, dass hier zwei verschiedene Organismen [Miasma und Contagium] thätig sind, ein asiatischer, als Contagium wir- kender, vielleicht der von Dr. Thome als Cylindrotaenium beschriebene Pilz durch seine Kernhefe und ein europäischer, der sicherlich nichts Anderes ist als Kernhefe einheimischer Pilze, deren Anhäufung auf Düng- stätten, in Brunnenröhren u. s. w., durch mancherlei der Fäulniss gün- stige Ursachen hervorgerufen^ dem asiatischen Pilz den günstigen faulen- den Boden bereitet. Zur Ansteckung im Grossen, zur raschen Verbrei- tung, sind also beide Arten von Organismen erforderlich und es leuchtet ein, dass die Desinfection zwar durchaus nothwendig ist zur Verhütung der massenhaften Verbreitung des Ansteckungsstoffes, dass sie aber gegen die Ansteckung durch Einschleppung gar nicht schützen kann. Die Desinfection vollbringt eine doppelte Function. Erstlich verhütet sie durch Hemmung aller Fäulniss schon vor Einbruch der Cholera von Asien die Vorbereitung eines dem Cholerapilz günstigen Bodens, und zweitens vernichtet sie, wenn die Cholera einmal hereingebrochen ist, den Cholerapilz in den Excrementen der mit der Cholera Inficirten, viel- leicht scheinbar noch gesunden Personen. Es müsste aber eigentlich von Polizeiwegen auf alle Fälle das ganze Jahr hindurch Desinfection und rasche Verwandlung des faulenden Dün- H a 11 ie r, Gährungserscheinungen. 7](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21056596_0109.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)