Gährungserscheinungen : Untersuchungen über Gährung, Fäulniss und Verwesung, mit Berücksichtigung der Miasmen und Contagien sowie der Desinfection : für Ärzte, Naturforscher, Landwirthe und Techniker / Mitgetheilt von Ernst Hallier ; mit einer Kupfertafel.
- Ernst Hallier
- Date:
- 1867
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Credit: Gährungserscheinungen : Untersuchungen über Gährung, Fäulniss und Verwesung, mit Berücksichtigung der Miasmen und Contagien sowie der Desinfection : für Ärzte, Naturforscher, Landwirthe und Techniker / Mitgetheilt von Ernst Hallier ; mit einer Kupfertafel. Source: Wellcome Collection.
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![durch Hefe eingeleitete Leucingährung schon bewiesen ist, denn man kann die Zersetzung des Käses wie jede Fäulniss in jedem Moment durch Siedehitze unterbrechen, aber gleich darauf durch Zusatz neuer Pilzelc- mente den Process auf's Neue. einleiten. Derartige Versuche habe ich mehrfach und stets mit dem gleichen Erfolge ausgeführt. Aber auch das Gerinnen der Milch, die Bildung des Caseins oder vielmehr nach Ansicht der Chemiker die Abscheidung desselben kann man durch Organismen bewerkstelligen. Beim Sauerwerden der Milch ist in der Regel bekanntlich das Gerinnen das erste Stadium des Pro- cesses und man kann längere Zeit die durch ganz verschiedene Organis- men eingeleiteten Processe der Milchsäuregährung und der Zersetzung des Caseins neben einander verfolgen. Der Labmagen wirkt lediglich durch die in ihm befindlichen Organismen. Säet man Pilze in die Milch; so thun sie genau dieselben Dienste. Ich stellte drei gleiche Portionen Milch, 5 Minuten lang gekocht, in 3 Isolirapparaten an. Die erste Flasche [a) enthielt Milch mit 15 Mi- nuten in Wasser gekochtem und mit dem Wasser zugesetztem Labmagen. In der zweiten Flasche [h) befand sich in der Milch ein gleich grosses Stück frischen Labmagens; in der dritten Flasche [c] war eine Aussaat von Pe7iicillium vorgenommen. In der Flasche a trat längere Zeit hin- durch gar keine Veränderung ein, in den Flaschen h und c dagegen er- folgte diese in der gekochten Milch gleich langsam; es dauerte über 24 Stunden, bevor man äusserlich ein Zeichen der Zersetzung wahrnahm. In frischer Milch geht freilich die Zersetzung sehr rasch vor sich, schon deshalb, weil sie stets mit Hefezellen eigenthümlicher Art ganz erfüllt ist; indessen kam man durch Zusatz einer kleinen Quantität Penicillium- Sporen das Gerinnen und die Abscheidung des Caseins genau so schnell einleiten wie mit dem Labmagen. Dass übrigens die dem Labmagen an- haftende Milchsäure einen im Anfange günstigen Einfluss auf die Ent- wickelung der Hefe haben könne, will ich nicht ganz in Abrede stellen. Bevor ich nun zur Besprechung der Verwesungserscheinungen über- gehe, sei folgendes über den allgemeinen Unterschied zwischen Fäulniss und Verwesung bemerkt. Die Fäulniss ist vorzugsweise Reductionspro- cess, die Verwesung Oxydationsprocess. Bei der Fäulniss entwickelt sich Ammoniak, ja, es scheint sogar durch neuere chemische Untersuchungen erwiesen zu sein, dass bei der Fäulniss stickstoifreicher Substanzen stets etwas freier Stickstoff sich in die Luft erhebt. Ich glaube nicht gerade, dass dieser Stickstoff für den Haushalt der Natur verloren geht. Die Pilze absorbiren eine geringe Menge Stickstoff aus der Luft, wenn sie im Sub- strat keinen solchen vorfinden. Aber für den Augenblick geht er doch verloren und das ist bei der Düngerlehre sehr wohl zu berücksichtigen. Praktische Landwirthe, die in diesem Puncte sich klare Einsicht ver-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21056596_0051.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)