Gährungserscheinungen : Untersuchungen über Gährung, Fäulniss und Verwesung, mit Berücksichtigung der Miasmen und Contagien sowie der Desinfection : für Ärzte, Naturforscher, Landwirthe und Techniker / Mitgetheilt von Ernst Hallier ; mit einer Kupfertafel.
- Ernst Hallier
- Date:
- 1867
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Credit: Gährungserscheinungen : Untersuchungen über Gährung, Fäulniss und Verwesung, mit Berücksichtigung der Miasmen und Contagien sowie der Desinfection : für Ärzte, Naturforscher, Landwirthe und Techniker / Mitgetheilt von Ernst Hallier ; mit einer Kupfertafel. Source: Wellcome Collection.
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![Die grosse Schwierigkeit der Fäulnissuntersuchungen lässt es sehr be- greiflich erscheinen, dass Pasteur hier keineswegs so Tüchtiges und Zu- verlässiges geleistet hat, wie man nach seinen früheren Untersuchungen glauben sollte, Das liegt aber nicht allein in der Schwierigkeit der Ent- wirrung der vielleicht sehr zahlreichen complicirten chemischen Processe, sondern ebenso wohl in Pasteur's gänzlicher Unkenntniss mit der Orga- nisation der niederen Pilze und Infusorien und Vibrionen. Pasteur lässt die Fäulniss stets durch Monas crepusculum und Bacte- rium termo eingeleitet werden, aber es entgeht ihm völlig, dass die von ihm so bezeichneten Gebilde pflanzlichen Ursprunges und zwar Pilz- zellen sind. Sehr richtig giebt er dagegen an, dass die echten Vibrionen, von denen er sechs verschiedene animalische Fermente unterscheidet, des freien Sauerstoff's nicht bedürfen, oder, wie er sich ausdrückt, durch den- selben zu Grunde gehen. Dieses zu Grunde gehen ist wohl jedenfalls nur so zu verstehen, dass durch den Zutritt des Sauerstoffs die Schimmel- bildung (Verwesung) begünstigt wird, welche durch ihre weit kräftigere Vegetation Vibrionen und Hefezellen unterdrückt. Demgemäss theilt Pasteur sehr richtig die als Hefe auftretenden Organismen in Ana'erohii, d. h. ohne Sauerstoff sich entwickelnde Wesen und A'erohii oder des Sauerstoffs bedürftige Wesen; nur entgeht ihm vollständig, dass diese Eintheilung nicht auf die Systematik der Pilze passt, dass diese vielmehr, und zwar eine und dieselbe Species, bald als Anaerobn, bald als Aerohii auftreten, indem sie ihre Gestaltung den äusseren Bedingungen acco- modiren. Den wahren Unterschied zwischen Hefebildung und Schimmelbil- dung oder Fäulniss und Verwesung kennt Pasteur gar nicht, daher ist ihm auch die Lösung dieser ebenso interessanten als schwierigen Frage nicht völlig gelungen. Wir wollen später sehen, ob es uns gelingen wird, einige Klarheit in den Zusammenhang dieser Erscheinungen zu bringen. 7. Verwesiingsprocesse. Wir haben im Allgemeinen gesehen, dass die Verwesungsprocesse Oxydationsprocesse sind. Diese treten in ganz verschiedener Form auf, je nachdem die Substanz reich oder arm an Stickstoff ist. Stickstoffreiche Substanzen verwesen bei inniger Berührung mit der Luft unter Schim- melbildung. ]3as ist die Verwesung im engeren Sinne des Worts. Ist sie ganz rein, so geht sie geruchlos vor sich, wenigstens ohne Schwefelwas- serstoff- und Ammoniakgeruch. Aber auch stickstofffreie Substanzen ver-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21056596_0054.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)