Die narbenerweichende Wirkung des Thiosinamins / von Ludwig Teleky.
- Teleky, Ludwig, 1872-1957.
- Date:
- [1901]
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Credit: Die narbenerweichende Wirkung des Thiosinamins / von Ludwig Teleky. Source: Wellcome Collection.
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![3f) Ein weiteres Feld für die Wirksamkeit des Thiosinaniins bilden jene Fälle von Schwerhörigkeit und Taubheit, die durch fibröse Massen und nar- bige Veränderungen in der Paukenhöhle bedingt werden. Tousey erzielte in einem solchen Falle einen sehr guten Erfolg. Auf eines werden wir bei der Anwendung des Thiosinaniins stets achten müssen: dass es nämlich nicht nur auf die Narbe wirkt, auf die wir zu wirken wünschen, sondern dass es auch auf das Gefüge jeder anderen im Körper befindlichen Narbe lockernd wirkt, und dass es imstande ist, latente entzündliche Prozesse zu neuerlichem Aufflackern zu bringen. V. Hebra warnt in seinen „Weiteren Mitteilungen“ eindringlich davor, beim Vorhandensein irgend eines Entzündungsherdes im Köi*per Thiosinamin anzu- wenden; besonders empfindlich scheinen nach ihm Augenentzündungen auf dieses Medikament zu reagieren. Richter sah eine Phlyktäne neu entstehen; einige von V. Hebra’s Lupuspatienteu, die auch an Lungentuberkulose litten, begannen unter der Thiosinamin Wirkung zu fiebern; eine Knochennarbe nach Caries brach auf und es kam zur Abstossung eines Sequesters (v. Hebra). Be kess beobachtete das Entstehen einer akuten Endocarditis bei schon längere Zeit bestehendem Vitium cordis und in sechs von 22 Fällen von chronischen Drüsentumoren Vereiterung derselben. Ich selbst sah bei einer Gastrostomie- wunde , die 14 Tagen vorher angelegt worden war und tadellos funktio- niert hatte, wenige Stunden nach der ersten Thiosinamininjektion ein I>os- lösen der Magenwand von der Bauchwand an der unteren Circumferenz der Fistel. Können wir aber das Bestehen eines Entzündungsherdes oder einer frischen Narbe ausser der, die wir beeinflussen wollen, ausschliessen, so können wir das Thiosinamin ohne irgend welche Gefahr für den Gesamtorganismus an wenden. V. Hebra, Tousey und Bekess fanden, dass das AUylsulfocarbamid leicht tonisierend wirke, dass das subjektive Befinden der Patienten sich hebe und das Körpergewicht steige. Die Diurese wird durch das Thiosinamin er- heblich gesteigert (Tousey, Mertens), nach v. Hebra um 200—500 ccm. Unangenehme Nebenwirkungen von irgend einer Bedeutung treten — ausser dem eben erwähnten Aufflackern alter Entzündungen — niemals auf. Bei zu grossen oder zu rasch aufeinanderfolgenden Dosen sahen Latz ko imd Tousey Brechreiz oder Erbrechen, die aber beim Aussetzen des Mittels so- fort aufhörten und bei späterem, vorsichtigerem Gebrauche nicht wiederkehrten. V. H oorn sah bei zwei Frauen nach lömonatlicher Behandlung Appetitlosig- keit und Mattigkeit auftreten, die aber nach Aufhören der Behandlung ver- schwanden. Keitel sah nach einer am Vorderarm vorgenommenen Injektion das Entstehen einer circumscripten Hautanästhesie, die sich bald wieder besseite. (Wahrscheinlich war dieser Zwischenfall auf mechanische Verletzung des be- treffenden Hautnervenastes zurückzuführen.) In welcher Form und Dosis sollen wir das Thiosinamin anwenden? Am meisten erprobt ist bis jetzt die von v. Hebra angegebene 15-proz. alko- holische Thiosinaminlösung, subcutan injiziert, v. Hebra macht die Injektion mit feiner Nadel sorgfältig subcutan (nicht intracutan!) unter die Rückenhaut zwischen den Schulterblättern. Er beginnt mit der Injektion von zwei bis drei Teilstrichen einer Pravaz’schen Spritze, steigt bald auf eine halbe, nach einigen Wochen auf eine ganze Pravazspritze pro dosi. Er jnacht die In- jektionen zweimal wöchentlich. Die Injektion ist etwas schmerzhaft, doch Aerschwindet das Brennen in kürzester Zeit. v. Hebra widerrät die An- wendung wässeriger Lösungen, wogegen Silfverskiöld 5-])roz. wässerige Lösung mit Zusatz von 0,5-proz. Carbolsäure anwendet.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b22395830_0004.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)