Grundriss der pathologischen Anatomie / von Gotthold Herxheimer.

Herxheimer, Gotthold, 1872-1936.

Date:: 1932

Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Grundriss der pathologischen Anatomie / von Gotthold Herxheimer. Source: Wellcome Collection.

551/732 (page 535)

Ödem, welches der Niere teigige Beschaffenheit gibt, ist ohne große selbständige Bedeutung, meist nur Teil¬ erscheinung von Entzündung. Am wichtigsten unter den Kreislaufstörungen der Niere sind die atherosklerotischen Gefäß¬ veränderungen und ihre Folgen. Wir müssen hier, je nachdem sich der Vorgang an den größeren und mittleren Gefäßen — Arteriosklerose — oder an den kleinen und kleinsten — Arteriolo- sklerose — abspielt, da die Folgezustände in der Einwirkung auf die Nieren sehr verschieden und im zweiten Falle sehr viel hochgradiger sind, zwei Formen unterscheiden: 1. Die arteriosklerotischen Nierenveränderungen, 2. die arteriolosklerotischen Nierenveränderungen. 1. Arteriosklerotische Veränderungen. Während geringe, nur mikroskopisch erkennbare Atherosklerose einzelner Gefäße (mit ab¬ hängigen Veränderungen kleiner Nierengebiete) schon frühzeitig — meist Anfang der vierziger Jahre — einzusetzen pflegt, was wohl mit der Tätigkeit der Niere als Ausscheidungsorgan zusammen¬ hängt, ist hochgradige Atherosklerose, bei der auf der Schnittfläche der Niere die veränderten größeren Gefäße oft schon deutlich zu erkennen sind, meist Teilerscheinung allgemeiner solcher. So ist die Altersatrophie der Niere gewöhnlich keine einfache Atrophie, sondern mit Atherosklerose gepaart. Als Folge der Kreislaufsbehinderung verwandeln sich die Gefäßknäuel, deren Kapillaren undurchgängig werden, allmählich in mit der zuerst verdickten Kapsel verschmelzende, homogene, bindegewebige Kugeln, die sog. hyalinen Glomeruli, ähnlich denen nach Glomerulonephritis (s. u.). Infolge teils so bedingter schlech¬ ter Ernährung, teils durch den Glomerulusausfall herbeigeführter Inaktivität atrophieren die zugehörigen Harnkanälchen oder veröden auch ganz; auch können kleine Gebiete mehr im ganzen akuter infarktartig nekrotisch werden. An die Stelle ausgefallenen Gewebes tritt Bindegewebe, welches schrumpft, so daß an der Oberfläche der meist auch im ganzen verkleinerten Niere vereinzelt gelegene (im Gegensatz zur „sekundären“ und „genuinen“ Schrumpfniere s. u.) Narben zutage traten. Wir sprechen von arteriosklerotischer Schrumpf- nierc = Nephrocirrhosis artcriosclerotica. Nur selten bei großer Häufung solcher Narben kommt eine gleich¬ mäßige Granulierung der Niere, die an die echte Schrumpfniere eher erinnert, zustande. Fast stets bleibt genug Nierengewebe erhalten, um die Tätigkeit des Organs aufrecht zu erhalten, so daß die arteriosklerotische Schrumpf- niere kaum klinisches Interesse hat. Wenn die Hauptnierenarterie selbst hochgradig verengt oder verschlossen ist, hie und da auf Grund von Syphilis, kann dieNiere im ganzen so stark schrumpfen, daß sie fast dasBild einer hypoplastischen bietet. 2. Arteriolosklerotiscke Veränderungen. Veränderungen der kleinen Arterien (Arteriolen) finden sich gerade in der Niere häufig. Sie gehören in das große Gesamtgebiet der Atherosklerose der Arterien, nehmen aber eine gewisse Selbständigkeit ein. Zwar zeigen sich an den mittelgroßen Gefäßen der Niere oft gleichzeitig atherosklerotische Veränderungen, die aber in den ausgeprägten Fällen der Arteriolosklerose meist gegen diese stark zurücktreten. Eine gleichzeitige hochgradigere Atherosklerose der großen Ge¬ fäße — besonders Aorta — wird oft vermißt. Die Veränderungen verlaufen an den Arteriolen infolge ihres einfacheren Baues etwas anders als an den größeren Arterien. Die hyperplastischen Bildungen und die Elastikaaufsplitterung — die kleinsten Gefäße haben überhaupt keine elastischen Fasern — treten nicht auf, die regressiven Veränderungen stehen im Vordergrund. Wohl vasomotorisch bedingt scheint eine kolloidchemische Desorganisation des Bindegewebes der Arteriolenwand die Vorgänge einzuteilen (Hueck). Auflockerung der intimalen Gefäßschichten mit Saftstauung führt zu Einpressung und Einlagerung einer aus dem Blute stammenden Ilüssigkeit (vgl. auch im Abschnitt „Gefäße“) in die Gefäßwand, d. h. zu Verquellung. So kommt es zu deren Verdickung und sog. „hyalinen“ Veränderung. Bald kommt es auch zu Ablagerung auch von Lipoiden aus dem Blute in die W and. Man kann dies als hyalin-lipoide Entartung zusammenfassen. Die veränderten Gefäße treten bei Fettfärbungen (mit Sudan III oder Scharlach R) stark zutage. Durch die Veränderung ist die Wandung der Arteriolen stark verdickt, ihre Lichtung wird eng, oft so gut wie verschlossen. In entsprechender Weise können auch die Kapillaren (der Glomeruli) verändert werden (s. u.). Solange vor allem die Interlobulärarterien und höchstens einige V asa afferentia, und nicht in großer Zahl, befallen sind von dieser hyalinen Veränderung — man kann von Frühsklerose sprechen — und bald auch von der lipoiden Einlagerung und die Verengerung der ergriffenen Gefäße nicht sehr hochgradig ist, sind die Nieren selbst noch fast unverändert (einzelne Narben weisen öfters auf die gleichzeitigen V eränderungen größerer Arterien hin). Es liegt also in diesem Stadium eine Veränderung der Nierenarteriolen, aber noch fast keine des Nieiengevebes vor; man kann gut von Arteriolosclerosis renum sprechen.