Grundriss der pathologischen Anatomie / von Gotthold Herxheimer.

  • Gotthold Herxheimer
Date:
1932
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Credit: Grundriss der pathologischen Anatomie / von Gotthold Herxheimer. Source: Wellcome Collection.

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    Erkrankungen des Nervensystems. In der Medulla oblongata finden sich Ganglienzellenherde besonders in den so^. Kernen, von denen ein Teil den meisten Hirnnerven zum Ursprung dient. Die Achsenzylinder bzw. Nervenfasern des Zentralnervensystem setzen sich zusammen aus feinsten Neuro¬ fibrillen, welche mit ebensolchen in den Ganglienzellen in unmittelbarem Zusammenhang stehen. In den Ganglien¬ zellen findet sich in der Mitte ein bläschenförmiger Kern mit Kernkörperchen, der Zelleib weist sehr zahl¬ reiche Klümpchen, die nach Nissl als NissIsche Körperchen oder Tigroidschollen benannt werden auf. Zwischen diesen — gewissermaßen ihr Negativ darstellend — ziehen zahlreiche Neurofibrillen durch die Ganghenzelle. Die motorischen Pyramiden-Vorderhorn- und viele andere Ganglienzellen zeigen hierbei längsverlaufende, oft gewellte Neurofibrillen, welche, ohne Netze zu bilden, durch die Zellen hindurch von einem Fortsatz in den anderen ziehen. In anderen Zellen bilden die Neurofibrillen, wenigstens teilweise, Netze. Zahlreiche Ganglienzellen weisen lipoidhaltiges Abnutzungspigment auf. Die peripheren Nervenfasern zeigen zentral den Achsenzylinder, um diesen herum, soweit es sich um markhaltige Nervenfasern handelt, die Markscheide aus Myelin bestehend und außen herum die Zellen der Schwannschen Scheide, die auch ektodermalen Ursprungs sind. Größere Nerven sind aus einer Reihe solcher Fasern zusammengesetzt. Um das Nervenbündel herum liegt das bindegewebige Perineurium. Das Endo- neurium-Bindegewebe bildet bindegewebige Septa, welche bis um die einzelnen Nervenfasern verlaufend ein- dringen. Diese bindegewebigen Scheiden tragen die Gefäße. Abb. 451. Vorderhornzelle aus dem menschlichen Rückenmark. Darstellung der ö Tigroidschollen. Abb. 452. Ganglienzelle (Pyra¬ midenzelle) mit Lipofuszin = Abnutzungspigment (mit Scharlach-Rot gefärbt). (Nach Spielmeyer.) Zu erwähnen sind noch kurz einzelne Hauptzentren, wie sie im Gehirn ihren Sitz haben. Das Geruch- Zentrum liegt an der unteren Großhirnfläche, das Sehzentrum im Hinterhirn, besonders im Cuneus und an der Fissura calcarina, das Gehörzentrum in der ersten Schläfen Windung, das Gefühlszentrum in der Gegend der Zentralwindung. Die linke dritte Stirnwindung, sog. Brocasche Windung, stellt das motorische Zentrum für die Sprache dar. Das sensorielle Wort Verständnis liegt im hinteren Drittel der oberen Schläfen¬ windung. Bei Ausfall eines Zentrums auf Grund von Veränderungen können bis zu einem gewissen Grade öfters andere Bezirke ersatzleistend eintreten. Das Kleinhirn beherrscht die Koordination der Bewegungen. Besonders wichtig ist die Medulla oblongata als Zentrum von Atmung und Herztätigkeit. Im Zwischen¬ hirn und im verlängerten Mark liegen ferner sog. vegetative Zentren, welche vermittels des vege¬ tativen Nervensystems ein übergeordnetes Regulationszentrum für Stoffwechselvorgänge der verschiedensten und verwickeltsten Art, für Isothermie, Isotonie, Isoionie usw. darzustellen scheinen, also auch für die Wärme¬ regulation des Körpers. Endlich sei erwähnt, daß in neuerer Zeit das sog. extrapyramidale motorische System stark in seiner Bedeutung hervortritt, da es der Myostatik dient. Es gehören zu ihm (nach Spatz) das Corpus Striatum (in dem vornehmlich der Globus pallidus als Palaeostriatum vom Nucleus caudatus + Putamen als Neostriatum getrennt werden, hier kommt wohl das letztere besonders in Betracht), das Pallidum, Corpus subthalamicum Luysi, die Substantia nigra, der Nucleus ruber und der Nucleus dentatus des Kleinhirns. Diese Gebiete sind durch besonderen Eisengehalt gekennzeichnet, der, verschieden gedeutet, zum Teil als ,,Funktionseisen“ aufgefaßt wird. Die sog. Neurontheorie von Waldeyer (1891), welche besagt, daß die Ganglienzellen mit ihren Dendriten und Achsenzylindern je ein Neuron darstellen, welches also dem Äquivalent einer Zelleinheit entspräche, und daß die einzelnen Neurone nur durch Kontakt Zusammenhängen, ist dahin abzuändern, daß innerhalb und zwischen den einzelnen Zellgebieten doch Zusammenhänge bestehen und der leitende Bestandteil, die Neuro¬ fibrillen, größere Selbständigkeit beanspruchen und oftmals glatt durch die Ganglienzellen hindurchziehen. Die Neurontheorie kann aber physiologisch eine gewisse Bedeutung behalten, indem die Ganglienzellen eine Art Zentrum für Reflexe, für Ernährung usw. der Nervenfasern darstellen. Herxheimer, Grundriß. 20. Auf]. 36