Grundriss der pathologischen Anatomie / von Gotthold Herxheimer.

  • Gotthold Herxheimer
Date:
1932
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Grundriss der pathologischen Anatomie / von Gotthold Herxheimer. Source: Wellcome Collection.

    631/732 (page 615)
    d) Kontraktliren; Ankylosen; Verletzungen. Unter Kontraktur versteht man eine Beschränkung der Beweglichkeit eines Gelenkes, welche durch Veränderungen innerhalb dieses, oder der das Gelenk umgebenden und seine Bewegungen aus¬ lösenden Weich teile, der Muskeln, Sehnen, Nerven, oder auch durch in bzw. unter der Haut gelegene Narben hervorgerufen werden kann. Man unterscheidet hiernach arthrogene, myogene, tendogene, neurogene und narbige Kontrakturen. Arthrogene Kontrakturen sind meistens auf chronische Entzündungen des Gelenkes mit Schrump¬ fungsvorgängen in der Synovialis oder in der äußeren Gelenkkapsel zurückzuführen. Myogene und tendogene Kontrakturen werden durch narbige Verkürzung der Muskeln oder Sehnen nach Verletzungen oder Entzündungen dieser hervorgebracht. Die Ursache neurogener Kontrakturen sind Lähmungen von Muskeln bzw. Muskelgruppen, oft zentraler Natur. Bei Lähmung einzelner Muskelgruppen entsteht eine Kontraktur ihrer Antagonisten, z. B. ein Pes calcaneus durch Lähmung der Wadenmuskulatur. Narben¬ kontrakturen entstehen durch narbige Schrumpfung der das Gelenk bedeckenden Haut und des Unterhaut¬ bindegewebes; man findet sie z. B. nach hochgradigen Verbrennungen. Ist ein an sich frei bewegliches Gelenk durch außerhalb desselben gelegene Ursachen, z. B. infolge von Lähmungen, dauernd in einer bestimmten Stellung festgestellt, so passen sich die Gelenkflächen allmählich der angenommenen Stellung an, so daß sie nach und nach wirklich an Bewegungsfähigkeit verlieren. Besonders ist das an nachgiebigen, noch wachsenden Knochen der Fall; hierdurch erhalten die Gelenke oft ganz ungewöhnlich gebildete Gelenkflächen und hochgradige Entstellungen. Die Verunstaltungen des Fußes bei Pes varus, Pes varo-equinus u. a. geben hierfür bekannte Beispiele (s. u.). Unter Ankylose versteht man die Aufhebung der Beweglichkeit eines Gelenkes, wobei die Ursache der Gelenksteifigkeit im Gelenke selbst liegt. Ankylose kann entstehen durch Verwachsung der Gelenkflächen, welche bindegewebig, knorpelig oder knöchern sein kann; man unterscheidet hiernach eine Ankylosis fibrosa, A. cartilaginea und A. ossea. Letztere entsteht durch Verknöcherung des die Vereinigung herstellenden Bindegewebes bzw. Knorpels. Außerdem entsteht eine Gelenksteifigkeit auch durch Knorpel- und Knochen¬ wucherungen sowie durch Schrumpfungsvorgänge und Kontrakturen (s. o.), welche die unregelmäßig gewordenen Gelenkflächen in einer bestimmten Lage festlegen. Diese Form der Ankylose ist häufig eine Folge der Arthritis deformans (s. o.). Die Versteifungen der Wirbelsäule sind schon oben erwähnt. Von Verletzungen der Gelenke sind Quetschungen, Verstauchungen und Ausrenkungen zu nennen, bezüglich derer jedoch auf die chirurgischen Lehrbücher verwiesen werden muß. Verletzungen des Knorpels heilen in der Regel durch bindegewebige Narben. Abgesprengte Knorpel¬ stücke heilen nicht wieder an, sondern werden zu freien Gelenkkörpern (s. o.). C. Sehnen und Schleimbeutel. Eine Entzündung der Sehnenscheiden, Tendosynovitis, kann eine fibrinöse, serofibrinöse oder eiterige sein. Bei rein fibrinöser Exsudation (trockener Tendovaginitis) entsteht das kennzeichnende Reiben bei Bewegungen. Eiterige Entzündung der Sehnen ist meistens sekundär und geht von infizierten Wunden, phlegmonösen Herden, Panaritien oder Abszessen aus. Sie kann ihren Ausgang in Aufsaugung des Exsudats, oder in Verwachsungen der Sehnen und Sehnenscheiden, endlich in Auffaserung und Nekrose der Sehnen nehmen. Chronische Entzündungen der Sehnen führen zu Auftreibung der Sehnenscheiden (Hy¬ drops der Sehnenscheiden), mit umschriebenen zystischen Bildungen oder Verwachsungen der Sehnen. Dabei entstehen durch Abschnürung zottiger Wucherungen ähnliche Corpora ory- zoidea wie in den Gelenken. Am häufigsten erkranken die Sehnenscheiden der Hohlhand. Ebenso entstehen durch bruchartige Vorstülpungen der Sehnenscheiden, in ähnlicher Weise wie von den Gelenken aus, sog. Ganglien (Überbeine). Im ganzen dieselben Verhältnisse zeigen die Schleimbeutel. Auch an ihnen tritt akute (sero-fibrinöse bis eiterige) oder chronische Entzündung (Bursitis) mit Wandverdickungen, zottiger Wucherung an der Innenfläche und Bildung von Reiskörpern usw. auf. Bei häufigem Knien entsteht die chronische Entzündung des vor der Kniescheibe gelegenen Schleimbeutels. Tuberkulose, meist von solcher der Knochen oder Gelenke aus, kommt in Form miliarer Knötchen wie mehr diffuser verkäsender Granulationen vor und breitet sich den Sehnen entlang aus. Die Bildung von Oryzoid-Körperchen ist hier eine besonders reichliche und häufige. Über Heilungen von Sehnenwunden s. S. 123. Unter den Geschwülsten seien sog. xanthomatöse Sarkome genannt, d. h. Riesen¬ zellensarkome gutartiger Natur, besonders an Sehnen von Hand oder luiß, meist \on lappigem Bau. Sie weisen Xantho mzeilen mit viel Fett und Lipoid, besonders Cholesterinestern, oft auch Cholesterintafeln (zum Teil in Fremdkörperriesenzellen), ferner Riesenzellen, wechselnd viel Binde¬ gewebe und meist reichliches Hämosiderin auf. Doch handelt es sich hier wohl nicht um echte