Schmerzlose Operationen : oertliche Betäubung mit indifferenten Flüssigkeiten Psychophysik des natürlichen und künstlichen Schlafes / von C.L. Schleich.
- Carl Ludwig Schleich
- Date:
- 1898
Licence: Public Domain Mark
Credit: Schmerzlose Operationen : oertliche Betäubung mit indifferenten Flüssigkeiten Psychophysik des natürlichen und künstlichen Schlafes / von C.L. Schleich. Source: Wellcome Collection.
31/296 (page 17)
![(Lewiii, Nebenwirkungen der Arzneimittel). So kommt cs, dctss mehr blühende, kräftige, gut ernälirte Kinder dem Chloroform erliegen, als abgemagerte, nervöse, selbst skrophulöse. So wenig stimmt unsere Theorie von den prädisponirenden ^romenten beim Chloroformtod. Wer wäre nicht schon erstaunt ge- wesen, zu sehen, wie auffallend gut ein Herzkranker, ein fast Ver- bluteter, ein im Shok befindlicher, ja selbst ein notorischer Potator, die Narkose überstand! Das legt doch jedesmal die Frage nahe, ob das Wesen der Intoleranz gegen die Narkose nicht in etwas bislang uns völlig Inkommensurablem, Unverständichem, nicht Erkennbarem zu suchen ist. Und in demselben Maasse, wie man genöthigt ist, diese inkommensurable Grösse ehrlich anzuerkennen, in demselben ]\Iaasse wächst die Unmöglichkeit, ihr prophylaktisch zu begegnen, Kontraindikationen aufzustellen, die Narkose an richtiger Stelle zu unterlassen, in demselben Masse wächst für den Arzt die Ver- pflichtung alles, was an Vorsichtsmassregeln aufbietbar ist, anzu- wenden, bereit zu halten und gewärtig zu sein, jeden Augenblick dem Tode in das Angesicht sehen zu müssen. Und weil dies so ist, ist auch die Gefahr der Narkose mit keiner Statistik zu verringern oder zu verhüllen, und obschon die Statistik vielleicht mit Unrecht beschuldigt ist, „eine wissenschaftliche Lüge“ zu sein, sie könnte daran nichts ändern, wenn sie ewig lautere Wahrheit spräche. Daraus folgt für den Arzt folgende Verpflichtung: 1) nur zu narkotisiren, wenn die ScliAvere und Gefahr des Leidens, der Krankheit grösser oder gleich gross ist den Gefahren einer Narkose, d. h. nur bei Krankheiten, welche unoperirt das Leben gefähr- den=='); 2) nur zu narkotisiren, wenn auf keine andere Weise in diesen Fällen den humanen Postulaten der Schmerzlinderung oder Sclimerzlosigkeit Genüge geschehen kann; Chloroformanwendung bei Trauerfeierlichkeiten, um Angehörigen das Geräuscli des Zunageln des Sarges zu ersparen, ist vor einem Jahre in einer norddeutschen Stadt von einem Arzte geleistet worden und kann wohl nur unter dem Kapitel grober Unfug abgehandelt werden. Schleich, Schmerzlose Operationen. 3. Autl. 2](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28081079_0031.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)