Die babylonische Kosmogonie und der biblische Schöpfungsbericht : ein Beitrag zur Apologie des biblischen Gottesbegriffs / von Aloys Kirchner.
- Kirchner, Aloys, 1880-
- Date:
- 1910
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Credit: Die babylonische Kosmogonie und der biblische Schöpfungsbericht : ein Beitrag zur Apologie des biblischen Gottesbegriffs / von Aloys Kirchner. Source: Wellcome Collection.
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![Enunul elis den Voi'jjuuig dtirslelll, „Apsu, der ;dle.s erzeugende Urvater, und Tiamat, die alles gebärende Muttei-, ihre Wa.ssei- in .eins.“ Vereint mit A]).su-Tiamat ersclieint Minuinu, ihr Sohn'). Das Wasser oder „Meer“ ist mithin nach Itahyloniscliei' An- schauung das Urwesen, personifiziert gedacht als Apsu und Tiamat und durch dieselben in männlicher und weiblicher Form vorgestellt. Apsu-Tiamat ist das Urprinzij), aus dem die jetzige Welt einst, hei'voi'gehen soll. Diese Bestimmung des Urwesens bringt der babylonische Bericht zu besonderem Ausdruck durch die Gestalt Mummus, die er mit Apsu-Tiamat verbindet. „Mummu“ bedeutet Wissen, Weisheit-), Form). In der Verbindung mit Apsu-Tiamat stellt die Person Mummus die Form d. h. das Ur- bild der Welt dar^), welche aus dem Chaos in der Zukimft er- stehen wird. In der ewigen, nie entstandenen und nie bewirkten Materie erblickt also Babels Kosmogonie das letzte große Prinzip der Welt. Das All gründet nach babylonischer Auflassung in sich selbst; es ist nicht die Wirkung einer von ihm verscliiedenen Ursache, son- dern besteht als Materie von Ewigkeit her in eigener Kraft. Die AVTltanschaimng der babylonischen Kosmogonie stellt sich somit bereits aufs bestimmteste dar als Monismus der Welt, näherhin als naturalistischer Pantheismus. In der naturalistisch-monistischen Grundanschauung gründet unmittelbar die Vorstellung der Kosmogonie von dem ersten Sta- dium der Weltentwicklung. Aus dem Mutterschoße Tiamats, in dem alles andere seinen Ursprung besitzt, geht zunächst und vor allem auch das Höchste im All hervor, nämlich die Welt der Götter. Zwar .spricht das Epos Enuma elis, wie es zurzeit vor- liegt, nicht unmittelbar die Entstehung der Götter aus der Materie aus, zeigt aber seine A.nschauung deutlich an, wenn es die Gott- heiten als Söhne Apsus und Tiamats bezeichnet. Die Zeit ihres Werdens laßt das Epos näherhin als lange Entwicklungsperioden. Die hohe Bedeutung aber, welche die Theogonie besitzt, ist darin gelegen, daß sie eine durchaus wesentliche Phase der Kos- b Vgl. Jeremias, Das Alte Testament im Lichte des Alten Orients-, Leipzig 1906, 132, A. 3. -) Vgl. Jeremias, ebd. 6 f. ■') Vgl. Schräder, Keilinschriftliche Bibliothek VI 302 f. '') Vgl. Damascii Phil. Quaestlones de primis principiis, ed. J. Kopp, c. 125, 384.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b24876811_0016.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)