Die babylonische Kosmogonie und der biblische Schöpfungsbericht : ein Beitrag zur Apologie des biblischen Gottesbegriffs / von Aloys Kirchner.
- Kirchner, Aloys, 1880-
- Date:
- 1910
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Credit: Die babylonische Kosmogonie und der biblische Schöpfungsbericht : ein Beitrag zur Apologie des biblischen Gottesbegriffs / von Aloys Kirchner. Source: Wellcome Collection.
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![liflieji Nalui'iinl.ijJie des Menschen wird die ha].)y]onisclie Ko.smogonie niclil ini entlerntesten gerecht. Er.sclieint also in Ennma elis der Mensch in völlig untergeordneter Stellung, so hingegen in Gn I als König und Heri-. Die gesamte sichthare Welt ist dem hi- hlischen Berichte zufolge für den Men.schen hestimirit; vom Cli'imde des Meeres his zu . den Höhen des Firmamentes steht alles in Zweckbestimmung zu ihm. Was seiner Herrschaft nicht unmittel- har untersteht, soll er sich unterwerfen. Die Kulturarbeit wird hiermit vom biblischen Berichte dem Menschen als Aufgabe zu- gewiesen. Und auch in dieser Hin.sicht steht Gn 1 zu Enunia elis in keiner Üherein.stinnnung. Die hahylonische Erzählung kennt keine Kulturaufgahe der Menschheit. Das Epos nimmt zur Frage der Kultur lediglich in der Weise Stellung, daß es Marduk als den Geber der Kulturgüter geltend macht, und zu beachten ist, daß die.se Stellungnahme von Enuma elis mit der sonst be- zeugten Anschauung der babylonischen Religion im Einklang steht. Die Religion Babels vertritt nämlich in der Oanneslegende be- züglich der mit den Bestrebungen der Kulturarbeit notwendig ver- bundenen Wissenschaften und Künste die ^Vuffassung, daß dieselben nicht durch menschliche Anstrengung errungene Erkennt- nisse und Fertigkeiten sind, sondern vielmehr auf göttlicher Offen- barung beruhen. Dem Standpunkte von Gn 1 entspi'icht es aber andererseits wieder, \venn die biblische Religion ausdrücklich die Erforschung des Weltalls dem Menschengeiste als eine xVufgabe zuspricht -) und wenn die atl Urgeschichte von den Gründern des Stadtlebens und des geregelten Nomadenwesens berichtet sowie Er- finder von Künsten und technischen Fertigkeiten anführt •■*). Von der höchsten ZAveckbestimmung des Menschen endlich, wie sie vom biblischen Berichte im Sahhatsgedanken zum Ausdi'uck gebracht wird, fehlt in der babylonischen Erzählung jegliche An- schauung. Enuma elis vermag der Bestimmung des Menschen- geschlechtes, auf Grund der ihm verliehenen Gdttehenhildlichkeit durch freie selhstbestimmte Tat zur Gottähnlichkeit emporzusteigen sowie die Gemeinschaft mit Gott zu pflegen, wiederum nur die Aufgabe eines rein äußeren KultuscUenstes gegenüberzustellen. Die Vergleichung der babylonischen und biblischen Kosmo- gonie im Lichte ihrer AVeltanschauungen ergibt somit das Re- ‘) S. Jeremias, Das Alte Testament im Lichte des .Alten Orients 4L -) Prd 3, 11. ■') Gn 4.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b24876811_0034.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)