Die Syringomyelie; eine Monographie / [edited by] Hermann Schlesinger.
- Schlesinger, Hermann, 1866-1934.
- Date:
- 1895
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Credit: Die Syringomyelie; eine Monographie / [edited by] Hermann Schlesinger. Source: Wellcome Collection.
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![Bei bereits weiter Torgeschrittenen Fällen nelimen auch, wie ich habe beobachten können, Rumpf- und Athmungsmuskeln an den Krämpfen Theil. Die ganze Körpermusculatur ist stark contrahirt, der Kopf nach rückwärts gezogen, es entwickelt sich Opisthotonus von solcher Inten- sität, dass man bei einer Erhebung des Kopfes den ganzen Körper mithebt. Der Athem geht zuerst tief und keuchend, später setzt er in Folge Glottiskrampfes aus; die Piespiration beginnt sodann mit einem hörbaren inspiratorischen Jauchzen (Laryngospasmus): die Dauer des Anfalls kann 5 Minuten betragen. Diese generalisirten Anfälle, bei deren Auftreten man wohl an ein Ergriffensein der Medulla oblongata denken muss, sind auch von mehreren anderen Autoren beschrieben, wie Schnitze, Hoff mann. Wich mann und anderen. Eine, wie es scheint, bisher bei Syringomyelie noch nicht beschriebene Be- wegungsstörung habe ich beobachten können. Ein 35-jähriger Mann, der haupt- sächlich an den Händen erkrankt war (Typus ]\lorvan) und gesteigerte Sehnen- reflexe bei etwas spastischem Gange darbot, konnte sich nach einer längeren Ruhe- pause nie sofort erheben und weiter gehen, sondern musste erst mit den Händen das rechte (etwas paretische) Bein durch mehrere Minuten bearbeiten, da die Muskeln sich auf den Bewegungsimpuls hin allerdings contrahirten, aber in ihrer Contraction nicht nachliessen, sondern durch Minuten als straffe, feste Stränge durch die Haut durchzufühlen waren, deren Spannung sich erst allmälig- löste. Bei kalter Witterung dauerte die Steifigkeit durch längere Zeit an und verlor sich erst nach ^4 Stunde und noch länger. Dieser Zustand soll erst nach der Erkrankung der Hände ganz allmälig begonnen haben; in der Familie soll keine ähnliche Erkrankung vorgekommen sein. Die elektrische Erregbarkeit war normal; eine myotonische Reaction (Erb) konnte nicht beobachtet werden. Man wird wohl jene Bewegungsanomalien mit jenen eigenartigen Störungen in eine Parallele setzen müssen, die Eulenburg als Para- myotonia beschrieben hat. Hieher gehört auch der früher bereits erwähnte Fall mit der Hypertrophie ein- zelner Muskelabschnitte, bei welchem Doc. Dr. v. Frankl-Hochwart vor 6 Jahren Intentionskrämpfe hat beobachten können, Krämpfe, welche stets bei mit der Hand intendirten Bewegungen auftraten und durch längere Zeit andauerten. Es ist jedoch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass in diesem Falle auch eine functio- nelle, nebenbei bestehende Erkrankung (Hysterie?) die Krämpfe veranlasst hat. Die elektrische Untersuchung der Musculatur zeigt kein einheitliches Ergebnis. Die erkrankten Muskeln können eine einfache Herabsetzung der Erregbarkeit sowohl für den faradischen, als auch für den galvanischen Strom erkennen lassen, entsprechend der Abnahme ihres Volums; diese Herabsetzung kann bis zum Schwinden der Erregbarkeit fortschreiten. In anderen Fällen tritt eine Steigerung der directen Muskel- erregbarkeit auf galvanische Ströme auf. Die Zuckungen sind schon bei geringer Stromstärke vorhanden, sind aber deutlich langgezogen, trag, wurmförmig; auf faradischen Strom tritt keine Zuckung mehr auf. Die Zuckungsformel ist dann zumeist auch verändert, die Anoden- Schliessungszuckung prävalirt (Entartungsreaction). Ausgesprochene Ent- artungsreaction ist nach meinen Erfahrungen bei Syringomyelie gleich- zeitig höchstens an einigen Muskeln, an diesen auch oft nur bündelweise zu constatiren und nur selten in einem grösseren Muskelabschnitte an- zutreffen. Mitunter findet man auch partielle Entartungsreaction, also bei Anwendung des galvanischen Stromes Umkehr der Zuckungsformel, Zuckungsträgheit und Steigerung der Erregbarkeit neben entsprechender Verminderung der faradischen Erregbarkeit vom Muskel aus, während vom Xerven aus nur eine Herabsetzung der Erregbarkeit vorhanden ist. In einem Falle (der auch von v. Frankl-Hochwart beobachtet wurde)](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21208128_0029.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)