Die experimentelle Bakteriologie und die Infektionskrankheiten : mit besonderer Berücksichtigung der Immunitätslehre ; ein Lehrbuch für Studierende, Ärzte und Medizinalbeamte / von W. Kolle und H. Hetsch.

  • Kolle, W. (Wilhelm), 1868-1935.
Date:
1906
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Credit: Die experimentelle Bakteriologie und die Infektionskrankheiten : mit besonderer Berücksichtigung der Immunitätslehre ; ein Lehrbuch für Studierende, Ärzte und Medizinalbeamte / von W. Kolle und H. Hetsch. Source: Wellcome Collection.

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    Heubazillus sich durch akkommodative Züchtung unter besonderen Ver- hältnissen in den gefährlichen Milzbrandbazillus umzüchten lasse. Aber alle diese Ergebnisse wurden unwiderleglich als Trugschlüsse erkannt und mußten von allen Seiten fallen gelassen werden. Drei Forderungen sind es, die wir heute an einen Mikroorganismus,, Kriterien T'ÜT uiß ätio~ den wir als spezihschen Erreger einer Krankheit anerkennen sollen, logische Be- zu stellen haben: 1. muß sein konstantes Vorkommen in allen Fällen einfsmkio- der betreffenden Krankheit erwiesen sein, 2. darf er nicht gefunden Organismus. werden bei andersartigen Erkrankungen oder bei gesunden Menschen bzw. Tieren und 3. muß im Tierversuch (unter der Voraussetzung natür- lich, daß das betreffende Bakterium überhaupt für Versuchstiere pathogen ist) durch eine künstliche Übertragung von Reinkulturen das analoge Krankheitsbild ausgelöst werden können. Und diese Forderungen sind denn auch bei den bisher als spezifische Krankheitserreger anerkannten Mikroorganismen erfüllt worden. Es gibt heute wohl keinen ernsten Forscher mehr, der sich der Fülle der beweisenden Tatsachen noch verschließen könnte. Wir können jetzt, wo wir beispielsweise die Er- reger der Fest und des Aussatzes kennen, dank den Ergebnissen der experimentellen Forschung diese Krankheiten genau studieren und sehen, daß sich die Wirkungen ihrer Erreger immer gleich bleiben und daß sie in klinischer und epidemiologischer Beziehung auch heute noch die- selben Erscheinungen zeigen, welche sie, nach den alten Überlieferungen zu schließen, auch vor Jahrhunderten und Jahrtausenden aufgewiesen haben. Besonders prägnante Beweismittel erwuchsen der strengen Spezifi- zitätslehre später noch durch die Arbeiten R. Kochs, die zur Auffindung des Tuberkulins führten. Es stellte sich heraus, daß durch dieses aus Kulturen des Tuberkelbazillus gewonnene Präparat selbst bei Injektion äußerst geringer Mengen in jedem Organismus, der tuberkulöse Ver- änderungen bot, ausgesprochene Reaktionen ausgelöst wurden, daß aber im gesunden Körper oder bei Erkrankungen, die nicht durch den Tuberkelbazillus hervorgerufen sind, selbst durch wesentlich höhere Dosen eine ähnliche Wirkung nicht erzielt wird. Diese Erscheinung, die hier als ihrem Vfesen und ihrer allgemeinen Bedeutung nach bekannt vorausgesetzt werden darf und außerdem später noch bei der Besprechung der Tuberkulose zu würdigen sein wird, kann nur so gedeutet werden, daß das Tuberkulin Gifte enthält, welche auf tuberkulöses Gewebe spe- zifisch wirken. Diese Gifte sind nur den Bazillen der Tuberkulosegruppe eigen, aus denen das Tuberkulin hergestellt ist. Aus keinen anderen Bakterien arten lassen sich Präparate gewinnen, die auch nur annähernd in dieser Weise den tuberkulösen Organismus beeinflussen. Wenn wir somit im Tuberkulin ein Beweismittel haben, wie die Stoffwechselprodukte und Gifte eines Mikroorganismus streng spezifisch bei derjenigen Infektion wirken, die durch eben diesen Krankheitserreger bei Menschen oder Tieren verursacht sind, so wurden noch weitere untrügliche Beweise für die Spezifizität der Bakterien durch die Immunitätsforschungen gebracht, die im letzten Dezennium mit so großem Eifer von allen Seiten aufgenommen wurden und die uns so zahlreiche und wichtige Aufschlüsse über bisher dunkle Gebiete der Infektionslehre gegeben haben. Wir werden in später folgenden Kapiteln in den Bakteriolysinen, Agglutininen, Präzipitinen und Antitoxinen vier voneinander verschiedene Körper als Reaktionsprodukte des Organismus