Grundlagen, Aufgaben und Grenzen der Therapie : nebst einem Anhange : Kritik des Koch'schen Verfahrens / von O. Rosenbach.
- Rosenbach, O. (Ottomar), 1851-1907.
- Date:
- 1891
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Credit: Grundlagen, Aufgaben und Grenzen der Therapie : nebst einem Anhange : Kritik des Koch'schen Verfahrens / von O. Rosenbach. Source: Wellcome Collection.
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![mehr im Stande sein , sich in dem molecularen Zusammenhange, der seine Arbeit und somit seine Erhaltung garantirt, zu erhalten; es wird geschwächt, gelähmt, getödtet, und je nach Grösse seiner Störungen müssen, wenn ein solcher Apparat für die Erhaltung anderer Körpereinrichtungen nöthig ist, diese in derselben Weise leiden und zu Grunde gehen. Dadurch unterscheidet sich anscheinend die organische Maschine von der unorganischen (dem Werkzeug), dass diese, um im Betriebe zu bleiben, nur eine Summe von Spannkraft, lebendiger Kraft oder Wärme von aussen zu erhalten braucht, die sie — unter einer gewissen Verminderung bei der Kraftübertragung — völlig in äussere Leistung umwandelt. Sie tiberträgt nur Kräfte, sie braucht, wenn die stärkere Keibung der Theile durch gutes Schmieren verhindert wird, zur Erhaltung ihrer eigenen Substanz keinen Theil des Betriebs- materials; sie würde, wenn die Reibung nicht wäre, alle Kraft in äussere Arbeit umwandeln können. Die organische Maschine, so vortheilhaft sie wegen günstiger Arbeitsübertragung und geringster Reibung ihre Arbeit leistet, kann das nicht; sie braucht immer einen Theil der erzeugten Arbeit für die Erhaltung des lebenden Zustandes ihres Gewebes, für die Erhaltung des Zusammenhanges ihrer Theile, den die „mechanische Construction erfordert, und ohne den nur von Materie, aber nicht von „Maschine die Rede sein könnte. Sie kann, wenn die Summe der zur Leistung dieser Arbeit unumgänglich nöthigen Spannkräfte W beträgt, von dem in der Zeiteinheit zugeführten Spannkraftmaterial (S) immer nur S—W in äussere Arbeit umsetzen, ganz abgesehen davon, dass ein Theil der ihr zugefühften Spannkraft durch Reibung, wie bei jeder Maschine, in Wärme umgewandelt wird. Sinkt die Summe der aliquoten Antheile der Molecüle an dem Antheil der aus Spannkräften erzielten lebendigen Kraft unter W, so wird der Betrieb mangelhaft, d. h. das Organ wird insufficient und hört endlich auf zu arbeiten, wie die Uhr, deren Pendel einen Widerstand erfährt und allmälig zum Stillstande gebracht wird; aber die Restitution ist noch möglich, wenn innerhalb eines gewissen Zeitraumes neue lebendige Kraft zugeführt wird, also das Pendel einen neuen Anstoss erhält. Ein ausgeschnittener Muskel ist noch lange reizbar, bis der Zustand der Unerreg- barkeit eintritt; dann kann man ihn aber auch wieder dadurch beleben und erregbar machen, dass man ihm durch Zuführung von arterialisirtem Blut, also unter gewissem Drucke, neue lebendige Kraft und Spannkräfte zuführt. Wenn die Feder noch nicht abgelaufen ist, so kann durch einen leichten Anstoss an das Pendel die Spannkraft der Feder wieder in Arbeit umgesetzt werden; die Uhr kann nach Ablauf der Federkraft wieder in Gang gesetzt werden, wenn der Mechanismus des Pendels functionirt. Absoluter Stillstand tritt erst ein, wenn durch mechanische Verhältnisse eine üebertragung der Kräfte auf den Mecha- nismus unmöglich wird, wenn der Zusammenhang der Theile unterbrochen ist, wenn aus der Maschine wieder ein blosses Aggregat von Molecülen wird, w ist also die Summe der freien Molecularkräfte (der Arbeit [Beschleunigung] der Atome), welche das bedingen, was wir Erregbarkeit, d. h. die Möglichkeit, Spannkräfte umzusetzen, nennen; mit W wird die Kraft gemessen, die den Pendel zum Schwingen oder zum Stillstande bringt. Sie ist also dort, wo in einer bestimmten mechanischen Anordnung Gelegenheit zur Auslösung von Spannkräften vorhanden ist, identisch mit der Kraft, die die Auslösung der Spannkräfte bewirkt, mit dem Reize, und da Reiz und Auslösung an denselben Apparat gebunden sind, identisch mit einer Kraft, die dem lebenden Molectil innewohnt, die man früher Lebenskraft genannt hat und die nichts Anderes ist als die lebendige Kraft der Atome, vermöge welcher sie die Spannkräfte anderer Körper auszu- lösen und in Arbeit zu verwandeln im Stande sind, Reiz und Erregbarkeit sind also Correlate; sie sind der Ausdruck der freien Beweglichkeit im organischen Molecül, durch welche aus einer Spannkraftquelle geschöpft wird, die wieder im Molecül und seiner Umgebung liegt. Eine bestimmte lebendige Kraft im Molecül vereinigt die Spannkräfte des Molectils mit Spannkräften, die ausserhalb liegen und macht Arbeit frei, die wieder die lebendigen Kräfte für das Molecül liefert. Wenn diese Affinitäten durch die Affinitäten anderer Molecüle dauernd gesättigt](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21075372_0159.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)