Grundlagen, Aufgaben und Grenzen der Therapie : nebst einem Anhange : Kritik des Koch'schen Verfahrens / von O. Rosenbach.
- Rosenbach, O. (Ottomar), 1851-1907.
- Date:
- 1891
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Credit: Grundlagen, Aufgaben und Grenzen der Therapie : nebst einem Anhange : Kritik des Koch'schen Verfahrens / von O. Rosenbach. Source: Wellcome Collection.
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![Auch meine Erörterungen über die Darminsufficienz haben sich allgemeiner Zustimmung*) zu erfreuen gehabt, und wir hoffen, dass auch die hier vor- liegenden Ausführungen über die Insufficienz der Drüsen des Ver- dauungsapparates Billigung finden werden.**} 2. Methoden der Diagnose der Organinsufficienz. Diese Insufficienz eines Organes nun zu erkennen, haben wir drei Methoden: 1. Das Mass der Arbeitsleistung des Organs selbst. 2. Die Prüfung der Function anderer Organe, die mit dem ursprüng- lich erkrankten Organe, dem auf seine Leistungsfähigkeit hin zu untersuchenden, in näherem Connex stehen, und deren Arbeit somit für die des erkrankten vicariirend eintreten kann. 3. Die Berücksichtigung des Allgemein- befindens, in dem sich ja gewissermassen der Zustand aller Organe wieder- spiegelt. Da diese letzterwähnte Prüfungsmethode im günstigsten Falle nur für eine allgemeine Schlussfolgerung bezüglich der Bedeutung, die ein erkranktes Organ für den Gesammthaushalt des Organismus besitzt, verwerthbar ist, einen directen Schluss auf die speciellen Verhältnisse dieses Organes aber nicht zu- lässt, so können wir von ihrer Erörterung an dieser Stelle absehen. a) Insufficienz der musculösen Hohlorgane. Was die erste Frage, die nach der Leistungsfähigkeit eines Apparates, anbetrifft, so ist ihre Beantwortung dann leicht, wenn wir sichere Methoden der Funetionsprüfung haben, z. B. ist sie, wie wir bereits ausgeführt haben, für den Magen in der einfachsten Weise dadurch gegeben, dass wir seine Leistungsfähigkeit durch Darreichung einer bestimmten Quantität von Nahrungsmitteln erproben und diejenige Menge eines bestimmten Nahrungsmittels, die er innerhalb einer gewissen Zeit bewältigt, als Massstab für seine Leistungsfähigkeit ansehen. Das Eesultat der Magenausspülung, wie es auch immer ausfallen mag, zeigt uns die Grenze der Leistungsfähigkeit des Organes; es orientirt uns über die Menge, sowie Beschaffenheit der Ingesta, welche bewältigt werden. Belasten wir das Organ nur unterhalb dieser Grenze, so werden auch alle durch Mehrbelastung (im chemi- schen und mechanischen Sinne) verursachten Funetionsstörungen ausbleiben. Es ist hier der Ort, nochmals nachdrücklich hervorzuheben, dass diese ünter- suchungsforra in gleicher Weise eine Abschätzung aller Seiten der Magen- thätigkeit ermöglicht; denn sie ist die einzige naturgemässe, gewisser- massen physiologische, sie setzt das Individuum und das zu prüfende Organ nicht unter abnorme Bedingungen, sie prüft innerhalb der An- forderungen des gewöhnlichen Lebens. Ein Probefrühstück, eine Probemahlzeit überhaupt bietet uns nur Anhaltspunkte in einer ganz bestimmten Richtung; denn die Verdauungsthätigkeit ist, wie wir uns oft überzeugt haben. *) Vergl. d. Yerhandl. d. Congresses f. innere Medicin. 1889, pag. 28 u. 76. **) Leider hat man, nachdem der Ausdruck „Mageninsufficienz sich als treifend erwiesen hat, den Urheber und seine, wenn auch bescheidenen, Verdienste in dieser Frage, völlig vergessen. Vielleicht überzeugt sich ein Literaturforscher, der sich in der Fluth der Literatur über Magenkrankheiten noch ein Interesse für allere Arbeiten bewahrt hat, später einmal davon, dass die von mir für die Diagnostik der Mageninsufficienz — ein Process, der nach meiner Definition die Funetionsstörungen der verdauenden und motori- schen Kräfte des Magens in sich begreift — aufgestellten Grundsätze auch heute uoch Geltung besitzen, und dass wir mit unseren diagnostischen Leistungen uns noch lange innerhalb der dort fixirten Grenzen bewegen werden. Den Leser, der sich überhaupt für die historische Entwicklung der heute auf dem Gebiete der Magenkrankheiten geltenden Ansichten interessirt, möchte ich, ohne Furcht der Selbstreclame verdächtig zu werden, auf meine Artikel ,.Cardia]gie und Dyspepsie in der genannten Encyclopädie, sowie auf eine Abhandlung „Zur Diagnostik des Magen-Carcinoms (Centralblatt für klinische Medicin, 1887, pag. 585) hinweisen, Arbeiten, in denen unter Anderem auch die Frage von der Bedeutung der freien Säure im Magensafte auf Grund eines grossen Materials schon frühzeitig einer aus- giijbigen Kritik unterworfen worden ist.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21075372_0090.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)