Myelitis und Sehnervenentzündung / von Max Bielschowsky.
- Bielschowsky, Max.
- Date:
- 1901
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Credit: Myelitis und Sehnervenentzündung / von Max Bielschowsky. Source: Wellcome Collection.
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![ist die entzündliche Genese der Oi)ticusverändevungen bei der multiplen Sklerose anerkannt worden. Merkwürdigerweise ist aber für die Ophthalmologen Entzündung meist gleichbedeutend mit interstitieller Entzündung. Wenn von Entzündung ge- sprochen wird, so gilt es fast als eine selbstverständliche Voraus- setzung, dass das Zwischengewebe primär erkrankt ist. Dass es auch eine parenchymatöse Entzündung giebt, wird kaum je in den Kreis der Betrachtungen gezogen. Diese Auffassung der Dinge scheint zu einem guten Teil auf einem schematisohen Be- dürfnis zu beruhen. Man hatte die tabische Atrophie des Seh- nerven als den Ausdruck eines primär parenchymatösen Processes richtig erkannt, und hatte das Bestreben, für die klinischen und ophthalmoskopischen Unterschiede zwischen diesem Processe und den Opticusveränderungen bei der multiplen Sklerose ein mög- lichst charakteristisches anatomisches Substrat zu finden. Da nun thatsächlich in den Herden des Opticus bei der multiplen Sklerose Proliferationsvorgänge in der Zwischensubstanz unverkennbar sind, so lag es nahe, diese als das Primäre des Processes anzusprechen. So einfach liegen nun aber die Dinge nicht. Wenn auch zur Zeit die Frage, welchen Gewebsbestandteil der Process zuerst angreift, nicht mit Sicherheit zu beantworten ist,' weil anatomische Untersuchungen über derartige Opticusverände- rungen bei multipler Sklerose im frischen Stadium noch nicht vor- liegen, so verfügen wir doch über eine Reihe von Analogien, w^elche darauf hindeuten, dass auch hier die Nervenfasern primär zu Grunde gehen. Diese Analogieen liegen in folgenden Thatsachen: Die makroskopischen Veränderungen des Nervus opticus bei der mul- tiplen Sklerose sind denjenigen im Rückenmark wie im Gehirn sehr ähnlich, und wir dürfen demgemäss wohl annehmen, dass die Histogenese derselben an beiden Orten dieselbe sein wird. Für die Herde im Rückenmark wurde aber der Nachweis geführt, dass es sich, von seltenen Ausnahmen a])gesehen, um parenchy- matöse Veränderungen vasculären Ursprungs handelt. So wird man auch die Opticusveränderungen auf dieselbe Grundlage zurückführen dürfen. Wenn wir ferner in unserem zweiten Falle die Mehrzahl der Rückenmarksherde als ein acutes Stadium der multiplen Sklerose ansprechen durften, so liegt es nahe, diese Deutung auch den Opticusveränderungen zu geben, denn die Uebereinstimmung zwischen den Veränderungen des Rückenmarkes und der Sehnerven war eine ganz sinnfällige. In diesem Falle aber konnte an den frischen Stellen der Erkrankung der Nach-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21646697_0082.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)