Beiträge zur Chirurgie : anschliessend an einen Bericht über die Thätigkeit der chirurgischen Universitäts-klinik zu Halle im Jahre 1873 / von Richard Volkmann.
- Volkmann, Richard von, 1830-1889.
- Date:
- 1875
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Credit: Beiträge zur Chirurgie : anschliessend an einen Bericht über die Thätigkeit der chirurgischen Universitäts-klinik zu Halle im Jahre 1873 / von Richard Volkmann. Source: Wellcome Collection.
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![iibnr den ganzen Körper mit Ansnahme der Volae raanns nnd der dorsalen Flächen der zweiten nnd dritten Fingcrplialangen. Ansserdcui finden sicii bei ihm, ebenfalls über den ganzen Körper verstreut: rostfarbene, somniersprossenartige, zum Tlicil eonfluirende Pigmentflecke, ein allgemeines blassrotlies, abschilferndes, psoriasisurtiges Exanthem. aeneartige oder mehr papuhise an der Spitze leicht excoriirte Eruptionen, scborrhagische Platten und Ki'usten ; endlich warzenartige Bildungen, die namentlicli au den bei der Arbeit entblüsst getragenen Armen sitzen. Einzc'ne von ihnen — es sind deren au den Armeu etwa zwanzig, meist jedoch nur von stark Erbsengrösse, — haben einen ziemlicli verdächtigen Charakter und sind mit dicken Krusten besetzt. Die beiweitera scliwersten Veränderungen bietet Jedocli das Scrotum dar. Nach Angabe des Patienten war da.^selbe, seit er überhaupt in der F.ibrik arbeitet, stets der Sitz leichterer, mehr acneartiger, stark juckender, zuweilen auch nässender Eruptionen, aus denen sich im Verlauf der letzten drei bis vier Jahre, multiijle, hie und da confluirende, warzige Wucherungen erhoben Diese Wucherungen waren an- fangs hart und hornig, fingen jedoch spätei- an sehr stark zu nässen und einen penetranten Geruch zu verbreiten. Während einzelne dieser Warzen von selbst wieder verschwanden, andere vom Patienten abge- bunden und selbst abgeschnitten wurden, entstanden nebeu ihnen neue. Eiue erhebliche Verschlimmerung trat erst vor l'y^ -Tahren ein, indem sich eine am unteren hinteren Umfange des Scrotums befindliche flache, nässende Warze, allmählich in ein tiefgreifendes Geschwür verwandelte. Heftige Blutungen, reich- liche stinkende Secretion und zunehmende Schmerzen veranlassten den Kranken endlich ernstliclie Hülfe in Anspruch zu nehmen. Bei seiner Aufnahme sind die unteren und hinteren Partien des Scrotums, sowie der Damm bis dicht au den Anus von einem tiefen Gescliwür eingenommen, in dessen Grunde die beiden entbhissten Hoden liegen, die bereits in den destruirenden Process liineingezogen zu werden beginnen. Der Habitus des Geschwürs ist im ausgesprochensten Maasse der eines durch einen tiefgreifenden Epithelialkrebs bedingten. Die Ränder desselben sind uianscliettenartig umgeworfen und dabei höclirig, der Grund des Gescliwiirs ebenfalls feiuhöckrig. Bei seitlichem Druck lassen sich aus der Geschwürsfläche, die stellenweis gelb- punktirt aussieht, die bekannten commedoiienartigen Pfröpfe herausdrücken, und zeigen dieselben unter dem •Mikroskop massenhafte Hornkugeln nnd grosse Horuzapfen. Auch aus der Oberfläche der, soweit als die 'I'unica vaginalis reicht, blossgelcgten Hoden, dringen derartige Pfröpfe hervor. Fast der ganze nicht durch das carciuomatöse Geschwür zerstörte Rest des Ilodensackes, ist theils mit grappenweis bei cinandeisteheuden und vielfach aneiiianderstossenden warzigen, zum Theil uleerirten Wucherungen, theils mit dicken aus Hauttalg und P^pideimiszellen bestehenden Borken besetzt. Am Praeputium penis befindet sich eiue exquisite, bür s t eu ar ti ge , hornige Theerwarze von der Grösse einer Bohne. (Siehe die Abbildung auf Taf. XIV, Fig. 1'. Patient ging bereitwillig auf den Vorschlag der beiderseitigen Castration und Wegnalnne des ganzen Scrotum s ein. Auch die Weichtheile des Damms wurden bis dicht auf die Urethra und hart an den Anus entfernt, der grosse Defect durch Nähte grösstentheils geschlossen: die Warze am ]*enis mit der Scheei-e abgeschnitten. \\\\. Jan. 73). Unter Anwendung des Lister'schen Verbandes — von dem ich jedoch ausdrücklich hervorliebe. dass er an dieser Krupergegend durchaus keine sicheren Erfolge giebt, weil ja der Anus freigelas.scn werden muss, — erfolgte die Heilung in der beispiellos kurzen Zeit von 1B Tagen. Die Catgutligaturen der unterbundenen Gefässe heilten ein oder wurdeu resorbirt.Das Wundfieber liielt nur sechs Tage an und erhob sicli nur an zwei Abenden bis zur Höhe von ;^S,() Graden. Die von Herrn Carl Frirdlämhr vorgenonnnene histiologische l'ntersnchung ergab einen fy])ischen H(U-nkrel)S, der an den Hoden siellenweis eben die Albuginea durclibroclien hatte und mit seinen Zellzapfeu in das Parenchym der Testikel einzudringen begann. Am 29. October 1873 konnte ich den Kranken noch einmal in der Klinik vorstellen. Die Heilung ist dauernd geblieben, die Narbe weich und ohne Spur eines Recidivs. Die Lymphdrüsen der beiden Inguinal- gegenden, von denen ich oben vergessen habe zu sagen, dass sie sich nur in dem Znstande einer sehr be- greiflichen, leiditen Induration befanden, sind unverändert, und ist das Allgemeinbefinden des Kranken ein vor- trefl'liclies. Gleidiwohl ist er, trotz allen Abrathens, sofort wieder an die alte Arbeit gegangen, und so be^tehen denn die oben ei wähnten Zustände an den Hautdecken des übrigen Körpers in unverändertem Maasse fort. — 2. Theer c rk r an k 1111 i;' der Hautdecken niederen Grades; multiple Serotal- Carciuoine. Wegiiahiiic von mehr als der Hälfte des Serotunis. Heilung. Her- mann Kötteritsch, aus Teuchern, A\) Jahr, aufgeu. 22. Octbr. 73, entl. 2(t. Novbr. 73, ist eben- falls bereits seit elf Jahren in Theer- und Paraffinfabrikeu als Arbeiter bescliäftigt, und zwar hat derselbe mit dem flüssigen 'i'heer, dem ersten Prodnct der Fabrikation, zu thun. Er bedient sich während der Arbeit besonderer Kleider, die stark mit Theer imprägnirt sind, hat jedoch im .Allgemeinen wenig an den](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2169283x_0394.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)