Beiträge zur Chirurgie : anschliessend an einen Bericht über die Thätigkeit der chirurgischen Universitäts-klinik zu Halle im Jahre 1873 / von Richard Volkmann.
- Volkmann, Richard von, 1830-1889.
- Date:
- 1875
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Credit: Beiträge zur Chirurgie : anschliessend an einen Bericht über die Thätigkeit der chirurgischen Universitäts-klinik zu Halle im Jahre 1873 / von Richard Volkmann. Source: Wellcome Collection.
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![Gärtners mittheilt, der seine Pflanzen gegen die Gartenschnecken regelmässig mit Russ l)estreute und von einem typischen »Kusskrebs. ebenfalls der Hand, befallen wurde. Die Arbeiten der Engländer über den .Schornsteinfegerkrebs scheinen damals, als sie zuerst l)ekannt wurden, das allgemeine Interesse im höchsten Grade gefesselt zu haben. Docli erlosch es bald, da bestätigende Beobachtungen anderwärts nicht gemacht wurden, auch in England selbst der Schornsteinfegerkrebs zwar keineswegs völlig ausstarb, wie noch Berichte aus den letzten Tagen zeigen, aber doch merklich seltener wurde* . Ich bin daher überzeugt, dass der Mehrzahl der jetzt lebenden jüngeren Aerzte von den Mittheilungen der Engländer nicht sehr viel mehr bekannt ist. als mir selbst vor Durchsicht der bezüglichen Literatur bekannt war — nämlich nur dies. dass Hautkrebse am Scrotum besonders häufig bei Schornsteinfegern gesehen worden sind Und doch ist die Geschichte dieses Schornsteiufegerkrebses. als eines Beitrages zur Aetiologie der Geschwülste, von hohem Interesse. ^löge es daher der Leser gestatten, dass ich in den folgenden Zeilen ein Rei'erat über die älteren englischen Erfahrungen zu geben versuche, um zu zeigen, wie vollständig die l ebereinstimmung zwischen den von Karle, A. Cooper. Lmn-enre. WmJil. Stunleij, Paget. CurJiiuj u. A. und den von mir gesehenen Fällen ist. In der That entwickelt sich der Schornsteinfegerkrebs nach der übereinstimmenden Schil- derung der eben genannten Autoren ans längere Zeit und oft jahrelang bestehenden ])latten. papil- lären Bildungen oder warzigen, mit Borken bedeckten Knoten, die vorwiegend am Scrotum und keineswegs selten multipel vorkommen. Manche dieser Bildungen sind trocken, andere feucht und dann zuweilen stark secernirend. Und während die feuchte Form in einzelnen Fällen grössere, fast blumenkohlartige Gewächse liefert, bedecken sich die trocknen zuweilen mit so starken Epi- dermisschorfen. dass geradezu hauthornartige Bildungen entstehen. Meistentheils wird von meli- reren solchen Warzen. die sich gleichzeitig oder im ^'erlauf längerer Zeiträume bei einem und demselben Individuum bilden, nur die eine oder die andere carcinomatös, und zwar immer erst dann, wenn sie sich bereits längere Zeit in einem stärkeren Reizungszustande befunden, lebhafter seeernirt und geblutet. oder der sie deckende Schorf häufig abgerissen oder abgescheuert wurde. Nicht selten werden jedoch auch hintereinander zwei und selbst mehr Warzen carcinomatös. Curling selbst giebt die Abbildung eines Präparates aus dem London Hospital Museum, wo gleich- zeitig drei carcinomatöse Knoten, oder wenigstens im Uebergang zum Carcinom befindliche Warzen, getrennt von einander am Scrotum sitzen. Ueber den allgemeinen Zustand der Hautdecken und das gleichzeitige Vorkommen papu- löser oder warziger Bildungen an anderen Körperstellen finden sich bei den englischen Autoren nur sehr dürftige Angaben, und doch genügen wenige Worte Pagef%, um auch in dieser Beziehung die völlige Identität nachzuweisen: »Scaly or incrusted small warts are very common in cbinmey sweeps. In many of them. eveu when they are thoroughly cleaned. the whole skin is dry, harsh and dusky. and before Operation for the removal of scrotal Cancers in them. it * Da.s Seltenerwerden des Schornsteinfegerkrebses in England beziehe ich auf Aenderungen in der Technik des Gewerbes, grös.<;ere Reinlichkeit der betreffenden Leute und ähnliche Dinge. Die Engländer .<;eU)Ät hatten ihrer Zeit die Vermuthung ausgesprochen, dass das auf Grossbritannieu beschränkte Vorkommen der Affection dadurch zu erklären sei, dass daselbst mit Steinkohlen gefeuert werde. Seitdem ist die Steinkohle in vielen Städten Deutschlands das ausschliessliche Heizmaterial geworden, und hat man trotzdem nichts davon gehört, dass die Schorn- steinfeger von Scrotalkrebsen befallen würden. Wahrscheinlich liegt die Ursache dieser Erscheinung ebenfalls in der verschiedenen Art der Ausübung des Metiers, der Haltung der Leute u. dergl. Andere englische Autoren haben an RacedifFerenzen gedacht, was mir wenig plausibel erscheint. — Ueber den Einfluss der Körperpflege u. s. w. auf die Hauterkrankungen unserer Theer- und Paraffinarbeiter siehe noch einige Bemerkungen am Schluss dieses Artikels. 48*](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2169283x_0399.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)