Lehrbuch der Lokalanästhesie : für Studierende und Ärzte / von Privatdozent Dr. Georg Hirschel ... mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wilms; mit 103 Abbildungen im Text.
- Hirschel, Georg, 1875-
- Date:
- 1913
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Credit: Lehrbuch der Lokalanästhesie : für Studierende und Ärzte / von Privatdozent Dr. Georg Hirschel ... mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wilms; mit 103 Abbildungen im Text. Source: Wellcome Collection.
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![Nadel in das periproktitische Gewebe beständig injiziert wird. Die ganze Anasthesierung erfordert Geduld und Zeit. Werden diese Punkte nicht beachtet, so wird den Patienten diese Lokalanästhesie zur Uual. Alit der beschriebenen Methode lassen sich alle Hämorrhoidenoperationen mit Afterdehnung absolut schmerzlos ausführen. Auch kleinere Karzinome oder aucli höher gelegene Polypen lassen sich damit exstirpieren. Unter Umständen muss sich dann der Kegelmantel weiter nach oben um das Rektum herum erstrecken, was sich durch tieferes Einstechen der Nadel leicht machen lässt. Bei Mastdarmfisteln und Fissuren ist diese Anästhesie nicht notwendig. Es genügt, wenn man von zwei Punkten seitlich des Fistelganges ausgehend um den Gang, in den man eine Sonde hineingeschoben hat, herumsjiritzt bis zur Rektalschleim- haut, wo die Fistel endet oder wo sie durchgestossen werden soll. Zur Erleichterung führt man den Zeigefinger der anderen Hand in den After ein und leitet die Spitze der Nadel nach der richtigen Stelle. Die Extraduralanästhesie. Unter Extraduralanästhesie versteht man die Injektion anästhesierender Lösungen durch den LIiatus sacralis in den Extraduralraum. Sie stellt eine Leitungsanästhesie dar, bei der ein mehr oder weniger grosser Komplex sensibler Nerven, die hau])tsächhch die Analgegend und die äusseren Geschlechtsorgane versorgen, m ihrer Leitung unter- lirochen werden. Es sind dies die Nervi anococcygei aus dem Plexus coccygeus, der N. pudendus mit den Ner\-i haemorrhoiflales inferiores, die Ner\-i perinei mit dem Nervus dorsalis penis (clitoridis). Ausserdem werden nach den Erfahrungen Lawens noch die Rami viscerales aus S3 und S4 unterbrochen, die als Nervi haemorrhoidales medii, Nervi vesi- rales inferiores und Nervi vaginales zum Mastdarm, zur Blase und Scheide verlaufen. Sehr hfiufig werden ferner auch der N. clunium inferior medialis und der N. cuta- neiis femoris posterior unterbrochen. Die Nn. peroneus communis und tibialis werden bisweilen auch von dem Anästhe- tikum getroffen, was sich in Parasthesien und Hypästhesien an Beinen und Füssen äussert. hii allgemeinen werden aus allen fünf Sakralsegmenten einzelne Nervenstamme aus- geschaltet. Auch motorische Ner\'en werden mitbeeinflusst; besonders günstig für einzelne chirurgische (Jperationen ist die Lähmung des Sphincter ani. Stöckel macht auf die Schlaffheit des Beckenbodens aufmerksam nach extraduraler Anästhesie. lias X'erdienst, auf diese Art der Leitungsanästhesie zuerst hinge- w^iesen zu haben, gebührt dem Franzosen Cathelin. Er machte im Jahre 1903 seine Untersuchungen über die Sakralinjektion bekannt. Es war ihm gelungen, beim Hunde ilurch sakrale Injektion \'on 3 ccm einer ioigen Kokainlösung eine Anästhesie des ganzen Köriiers zu erhalten, beim Menschen ist es ihm nicht geglückt. \'ersuche, bei Hernienoperationen durch Injektion von 0,01—0,08 Kokainchlorhydrat in i und 2'^0 iger Losung in den Sakralkanal, Anästhesie zu erhalten, sind fehlgeschlagen. Auch Lejars, Tuffier, Reclus und Sicard hatten damit keinen Erfolg, dagegen war es Chipault einige Male gelungen, eine Anästhesie zu erzielen. Stöckel verwandte zum ersten Male für diese epidurale Anästhesie die neueren relativ ungiftigen Mittel wie Eukaln undNovokain. Bei Injektion \-on 30 ccm 0,5,,iger Novokainlösung erzielte er eine erhebliche X'erminderung der Ge- burtsschmerzen. Er nannte die Methode Sakralanästhesie. Erst durch La wen wurde loio die Methode brauchbar gemacht zur Anwendung bei chirurgischen Operationen.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21019952_0106.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)