Topographisch-chirurgische Anatomie des Menschen / von Dr. Rüdinger.
- Rüdinger, N. (Nikolaus), 1832-1896.
- Date:
- 1873-1879
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Credit: Topographisch-chirurgische Anatomie des Menschen / von Dr. Rüdinger. Source: Wellcome Collection.
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![Die Zähne. Die Zähne gehören ihrer Entwickelung nach nicht zu den skeletbildenden Theilen, sondern zur Schleimhaut. Nur ihre hochgradige Festigkeit gestattet, sie den Knochen anzureihen, und in diese eingekeilt, vollziehen dieselben mechanische Aufgaben. Die Zähne nehmen ihre Entstehung aus dem E])ithel der Mundschleim- haut an jenen Stellen, wo sich der Ober- und Unterkiefer aus binde- gewebigen Vorläufern aufbauen. Nur ausnahmsweise können die Zähne auch an anderen Orten, am harten Gaumen und in der Highmorshöhle zur Ent- wickelung gelangen. Bei den zahnlosen Neugebornen liegen sie in der Bildung begriffen in den Alveolen, welche noch nicht vollständig durch Knochenbrücken von einander abgegrenzt sind. Gegen die Mundhöhle hin sind die Zähne von der dicken Schleimhaut, dem Zahnfleisch, gedeckt. Hat das aus zwanzig Zähnen be- stehende Milchgebiss während der ersten sieben Lebensjahre das Zahnfleisch durchbrochen, so erfährt dasselbe das eigenthümliche Schicksal, von dem ge- nannten Jahre an, ohne besondere mechanische Abnützung nach und nach von den bleibenden Zähnen, die längst in der Umgebung der Wurzeln der Milch- zähne ihre Entwickelung begonnen hatten, verdrängt zu werden; ein Phäno- men, welches sich an keinem andern Organe in so auffallender Weise vollzieht. Bedeutender als alle übrigen mechanischen Apparate des Körpers nützen sich die bleibenden Zähne während des Lebens ab, so dass ihr Verlust im Greiseualter mit nachfolgender Atrophie des ganzen Kiefergerüstes eine normale Erscheinung ist. Nur in seltenen Fällen ist eine dritte Generation von Zähnen zur Beobachtung gekommen. Wenn auch die einzelnen ausgebildeten Zähne durch mehrere Eigeii- thümlichkeiten sich von einander unterscheiden, so haben sie doch gemeinsam eine über das Zahnfleisch hervorragende Krone, einen Hals, und eine in der Alveole durch eine gefässreiche Beinhaut fixirte Wurzel. Jeder Zahn schliesst in seinem Innern eine Höhle — Cavum dentis — ein, welche an der Wurzel mit einer kleinen Oefl’nung zum Ein- und Austritt von Gefässen und Nerven beginnt und gegen den Hals und die Krone hin sich allmählich erweitert. In dieser Höhle findet die Pulpa dentis, jenes Gefässe und Nerven führende Gebilde, das die Ernährung und Empfindung des Zahnes zu vermitteln hat, ihre Aufnahme. Aber auch vom Periost der Alveole aus wird der Rindenschichte der Zahnwurzel, dem Gement, Ernährungsmaterial zugetührt. Die Auskleidung der Alveole besteht nämlich aus einer Binde-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21310117_0281.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)