Ueber einen Fall von Unterlippenkrebs / von Prof. Dr. Adamkiewicz.

Albert Wojciech Adamkiewicz

Date:: [1892]

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Credit: Ueber einen Fall von Unterlippenkrebs / von Prof. Dr. Adamkiewicz. Source: Wellcome Collection.

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Local aber spielten sieb gewaltige Veränderungen ab. — Dieselben hielten unser Interesse unausgesetzt bis zum Monat August 1891 rege, wo äußere Umstände die weitere genaue Beobachtung des Kranken leider zu unterbrechen nöthigten. Am 3. Januar war die erste, oben geschilderte Bemtion ein ge treten. Bald darauf wurde festgestellt, daß sich aus mehreren Oeffnungen des Tumors eine weiße, weiche Masse mit Leichtig¬ keit herausdrücken ließ und entsprechende Vertiefungen am Krankheitsherde zurückließ. Am 5. Januar gab Herr Prof. Korczynski zu Protokoll: „Der ganzeTumor schrumpft ein.“ Und ich selbst stellte außer weiteren Veränderungen am Tumor noch fest, daß eine harte, bohnengroße Drüse, die bis dahin am hin¬ teren Bande des linken M. sterno-cleidomastoi- deus gefühlt wurde, spurlos verschwunden war. Am 6. Januar constatirte Assistent Dr. Bosknzweig, daß auch auf der rechten Halsfläche drei bis dabin gut fühlbare Drüsen von Erbsengroße bedeutend kleiner geworden sind. Am 9. Januar stellte Prof. Dr. Korczynski fest: „Der Tumor sinkt ein und die Borken werden dicker.“ Und so brachte fast jeder Tag etwas Neues und Gutes. Ich unterlasse es, die mächtig zu einem stattlichen Bande angeschwollenen Details der Veränderungen hier wieder¬ zugeben , welche ich in Gemeinschaft mit meinen Schülern an unserem Kranken in der langen Zeit unserer Beobachtungen znsammengetragen und protokollarisch aufgenommen habe, und beschränke mich darauf, die erhaltenen Ergebnisse nach den wichtigsten allgemeinen Gesichtspunkten hin hier kurz zusammenzufassen. Es wurden am Carcinom und seinen Metastasen beobachtet: 1. Beactionen mit entzündlichem Charakter und 2. Ein¬ fache Processe der Bückbildung. 1. Entzündliche Beactionen. Sie erscheinen als mehr oder weniger deutliche Böthungen und Schwellungen am Tumor in sehr verschiedenen Zeiten, im Beginn etwa 0 bis 8 Stunden nach den Injectionen. Da¬ bei fiel eine gewisse Unabhängigkeit im Beagiren zwischen der rechten und der linken Hälfte des Tumors auf. Bald schwoll die eine, bald die andere Hälfte mehr an. Die Lippe wurde dabei wulstig, neigte sich nach vornüber und quoll nicht selten bis zum Mundwinkel auf. In Folge dieses Wechsels prominirten abwechselnd die beiden Lippenhälften über den normalen Lippenrand. Es ist mir begegnet, daß Unkundige diese reaetive Schwellung des Carcinoms mit Wachsthum desselben verwechselt haben.