Specielle Diagnose der inneren Krankheiten : ein Handbuch für Ärzte und Studirende.
- Leube, Wilhelm von, 1842-1922.
- Date:
- 1889
Licence: Public Domain Mark
Credit: Specielle Diagnose der inneren Krankheiten : ein Handbuch für Ärzte und Studirende. Source: Wellcome Collection.
Provider: This material has been provided by the Augustus C. Long Health Sciences Library at Columbia University and Columbia University Libraries/Information Services, through the Medical Heritage Library. The original may be consulted at the the Augustus C. Long Health Sciences Library at Columbia University and Columbia University.
39/388 (page 25)
![Eine Erklärung dieser letzteren Erscheinung liegt darin, dass die Mitralklappe nor- maler Weise bereits im letzten Endtheil der Diastole in Spannung geräth, welche dann während der Systole zunimmt. Je grösser nun die Differenz zwischen der Anfangsspan- nung und Endspannung ist, um so stärker ist der Ton. Bei der Mitralstenose ist die erstere, da am Ende der Diastole sehr wenig Blut unter geringer Spannung im linken Ventrikel sich befindet, wie leicht verständlich abnorm gering, während der Systole des Ventrikels dagegen tritt eine wenigstens im Vergleich zu der abnorm geringen Anfangs- spannung re/a^«v starke Spannung der Mitralklappensegel ein, so dass die Spannungs- differenz abnorm gross ist und der Ton demzufolge stärker erscheint als normal. Nicht in allen Fällen wird bei dem in Rede stehenden Klappenfehler ein FeWen eines diastolisches Geräusch gehört. Bedenken wir, dass zum Zustandekommen des- „äug^^gg selben eine gewisse Intensität der Wirbelbildung nothwendig ist, so ist es be- greiflich , dass wenn die Vorhofsystole, wie namentlich gegen Ende des Lebens, nicht energisch erfolgt, die Stromwirbel zu schwach ausfallen, um ein hörbares Geräusch zu erzeugen, und wird in solchen Fällen nur der Unerfahrene über- rascht sein, wenn er post mortem, trotzdem er während des Lebens aufs Genaueste auscultirte und ein Geräusch vermisste, eine eclatante Mitralstenose findet. Ich habe gesehen, dass bei schlechter Herzthätigkeit Monate lang, obgleich täg- lich nach dem Geräusch gesucht wurde, dasselbe constant fehlte. In solchen Fällen kann nach meiner Erfahrung wenigstens die Möglichkeit des Bestehens einer Mitralstenose noch vermuthet werden, wenn eine zweifellos ausgesprochene rechtsseitige Herzhyper- trophie und Verstärkung des II. Pulmonaltons nicht aus der Beschaffenheit der Lungen u. s.w. erklärt und für die gleichzeitige Schwäche des Eadialpulses kein plausibler Grund gefunden werden kann. Doch können auch in complicirten Fällen die für die Mitral- stenose so wichtigen Folgeerscheinungen fehlen, wie folgendes Beispiel beweist. 17jähriges Mädchen, seit mehreren Jahren chlorotisch, acquirit V2 Jahr ante MUraiste- mortem eine Nierenerkrankung mit den bekannten Symptomen der subacuten (paren- »se, com- chymatösen) Nephritis — schmutzig blutigem, massig spärlichem Urin mit massenhaften ^Nephritis Cylindern, zeitweiligen Anfällen von Urämie, starkem Hydrops. Am Herzen ein ganz parenchy- weiches, rein systolisches Geräusch, besonders deutlich an der Pulmonalarterie. Herz-™atosa und dämpfung den linken Sternalrand kaum überschreitend, dagegen Spitzenstoss nach links trophireord. gerückt, kräftig, Puls voll, hoch gespannt, II. Pulmonalion nicht verstärkt, hochgra- sin. dige Anämie. Diagnose: Nephritis parenchymatosa, massige Hypertrophie des linken Ventrikels, anämisches Geräusch. Tod durch ein intercurrentes Erysipel. Die Obduction ergiebt: weisse breite Niere, concentrische Hypertrophie des linken Ventrikels, Mitralstenose leichtesten Grades, die Mitralklappen daneben etwas verkürzt. Eine Hypertrophie des rechten Ventrikels schwach angedeutet. Lungenge- webe sehr blass. Offenbar war hier die Mitralstenose so gering, dass das Blut durch das relativ weite Ostium geräuschlos durchtrat und ferner keine nennenswerte Stauung nach der Lunge hin stattfand (Lungengewebe ganz anämisch), der II. Pulmonalton war daher auf alle Fälle wenig verstärkt; aber auch die vielleicht vorhandene geringe Verstärkung des IL Pumonaltons konnte nicht diagnosticirt werden wegen der beträchtlichen Verstär- kung des II. Aortentons. Diese letztere war bedingt durch die nephritische Hyper- trophie des linken Ventrikels, und von der Nephritis war auch der kräftige gespannte Kadialpuls abhängig, dessen Verhalten demnach der Pulsbeschaffenheit bei Mitralstenose gerade entgegengesetzt war. Die Frage, ob neben einer Insufficienz der Mitralis auch Stenose des Mitral- Foige- ostiums zu diagnosticiren sei, wird nach meiner Erfahrung durchaus nicht felossg^^''^^^^], aus dem Charakter des Geräusches, sondern besser aus anderen Folgeerschei- cuiations- nungen der Stenose des Mitralostiums entschieden. Zunächst ist besonders wich- ^p^^*-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21214918_0039.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)