Die Intellektuellen und die Gesellschaft : ein Beitrag zur Naturgeschichte begabter Familien / von H. Kurella.

  • Hans Kurella
Date:
1913
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Credit: Die Intellektuellen und die Gesellschaft : ein Beitrag zur Naturgeschichte begabter Familien / von H. Kurella. Source: Wellcome Collection.

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    Vorwort. Die in diesem Hefte zusaramengestellteii Ermittelungen, Heobacli- tungen und Gedanken sollen keineswegs den gegenwäitigen Stand der Frage nach dem Wesen des Genies zur Darstellung bringen, sondern nur eigene Eindrücke und eigene Ideen wiedergel>en, gesammelt und entstanden unter einem dreissigjährigen Zusammenlel>en mit manchen begabten Männem, Frauen und Kindern, mit allerlei un- und hoch- betitelten Gelehrten, allerlei zigeunerhaftem Künstlergesindel; mit reichen Mäzenen, geschmackvollen Sammlern, gescliickten Händlern, gerissenen Vermittlern künstlerischer Werke und Dai’bietungen, mit Dänen, Polen, Deutschen und Slowaken, Zigeunern und Artisten, Tän- zer! imen und Sängerinnen, italienischen Hildhauern, amerikanischen Kapellmeistern, mit grossen und kleinen Minien, Theaterdirektoren und Schmierenhelden, loirz mit allerlei Veitretern des menschlichen Strebens, sich oder anderen, durch sein eigenes oder fremdes Talent, Freude zu machen, die grässliche Öde der wirtschaftlichen Sklaverei, in die wir Euro[)äer tiefer und tiefer zu versinken im Begidff sind, für ein paar Stunden zu erhellen, ab und zu ein leises Echo bacchantischen Schwär- niens, einen schwachen Stralil apollinischen Leuchtens hineinzubringen ins tiefer und tiefer werdende Dunkel, in das Industrialismus und Kapitalismus die Völker Europas hineinzen’en; ach, es wird kein Orpheus mehr kommen, um Europa, die arme Eurydice, herauszuführen aus dem „black country“, und bald wird es, wo einst unsere Dichter träumten, überall so schwarz sein, wie heute schon zwischen Sheffield und Birmingham, zwischen Eeading und Pittsburg, Essen und Hagen, Königshütte und Kattowitz, Sosnowice und Zombkowice. Die moderne Welt hat so viele Künstler, Dichter und Denker ganz oder — was noch schlimmer ist — halb verhungern lassen; der Kapitalismus hat so viel „Kapital“ (s. v. v.) an Talent und Genie zerstört, hat aus Künstlers Erdenwallen, das, weiss Gott, schon lange dürftig genug war, immer mehr einen ]\[a.rterpfad gemacht, dass der immer kleiner werdende Bestand an ,,geistigem Adel“ bald ganz zu- sammengesclirumpft sein Avird; die Dilettanten, die sich aus den Kon- toren ihrer im Margarine-, Wurst- oder Terrainhandel reichgeAvordenen Väter gelegentlich nach Bayreuth oder zu Beinhardt fortstehlen, die sich haben einreden lassen, Kunst treiben, hiesse spielen, sie werden