Die Alkoholfrage : eine soziologisch-statistische Untersuchung / von Matti Helenius.
- Matti Helenius-Seppälä
- Date:
- 1903
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Credit: Die Alkoholfrage : eine soziologisch-statistische Untersuchung / von Matti Helenius. Source: Wellcome Collection.
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![In dem alten Indien benutzten die ältesten Bekenner Brahmas alkoholische Getränke, späterhin wurde es jedoch verboten, und der Genuss berauschender Getränke wurde mit unter die fünf Hauptver- brechen gezählt. Ich hörte einmal einen jungen Gelehrten Hindu reden, der da erklärte: „so lange wir Indier Barbaren waren, ge- nossen wir Wein; jetzt haben wir den Standpunkt überwunden. Das Verbot gegen alkoholische Getränke, in welcher Form es auch sei, hat eigentlich nur den Brahmanen gegolten, jedoch verlangten auch in den anderen Kasten Frömmigkeit und gute Sitte, dass kein Wein ge- nossen werden sollte. Wie strenge nun dieses Verbot aufrecht er- halten wurde, geht aus der folgenden Schilderung Bäbu ßa'jen- d r a 1 a '1 a M i t r a's hervor: „Zwei ihrer grössten Gesetzgeber, Manu und Yajnavalkya halten vor, die einzige Sühne, die einem Brah- minen, der sich durch Trinken von Spiritus befleckt hat, gebührt, sei aus einem brennend heissen metallenen Gefäss Spiritus oder Wasser oder Kuh-urin oder Milch in kochendem Zustande zu trinken und sich somit ums Leben zu bringen. Angira, Vas'istha und P a i t hi- n a s i beschränken den Trank nur auf kochenden Spiritus. D e v a 1 a ging einen Schritt weiter und schrieb einen Trank aus geschmolzenem Silber, Kupfer oder Blei als den zweckmässigsten vor. Auch gesetzt den Fall, dass eine der drei zweimal geborenen Klassen zufälliger- weise und aus Unwissenheit Spiritus getrunken hat, genügt nichts weniger den Gefallenen von der Sünde genügend zu reinigen, als dass er sich den eine vollständige Wiedergeburt herbeiführenden, ersten Opferritualen unterzieht. Dem Brahminenweibe, das dieses Gebot ver- letzt, ist das Betreten vom Gebiete ihres Mannes untersagt und sie ist verurteilt, bei der Neugeburt die Gestalt einer Hündin, einer Kuh oder eines Geiers zu tragen. Manu hat ebenfalls Vorschriften für ähnliche, von Brahminen begangene Verbrechen gegeben und empfiehlt als eine zweckmässige Strafe, dass sie in den Bann gethan werden sollen und das Bild einer Flasche auf ihre Stirn eingebrannt werden soll. Für Ehebruch soll ihnen mit einem glühenden Eisen das Bild eines w^eiblichen Geschlechtsteiles auf die Stirn eingebrannt werden; für den Genuss von Spiritus, das Schild eines Weinhändlers; wer heiliges Gold gestohlen hat, wird mit einem Hundefuss, wer einen Priester ermordet, mit einem toten, kopflosen Körper gebrandmarkt. Lasst sie in der Welt umherirren ohne jemand, mit dem sie zusammen essen, opfern, lesen können, ohne jemand heiraten zu können, ver- achtet und von allen gesellschaftlichen Pflichten ausgeschlossen. Mit unvertilgbaren Malen gebrandmarkt, sollen sie von ihren nächsten Ver- wandten Verstössen, von niemand mit Freundlichkeit behandelt und von niemand geachtet werden. So lauten die Vorschriften Manus. Auch in einer Weinflasche aufbewahrtes Wasser zu trinken ist Sünde, und besondere Sühnopfer sind vorgeschrieben, um den Schuldigen der- selben zu entheben ^). Andere Gesetzgeber und religiöse Schriftsteller sind in keiner Hinsicht weniger strenge ''^j. In Griechenland und Rom war die Frage ebenfalls ein Gegen- stand häufiger und verhältnismässig gründlicher Erörterungen. In den 1) B a b u R a' j e n d r a 1 a' 1 a M i t r a , ]. c. 8.3. — Vgl. auch L e e s , Tem- perance Text-Book. S. 140. — S a mu e 1 s o ri, History of Drink. S. 41. — Cyclo- psedia of Temperance. S. 222 flgd. 2) B ä b u R a' j e n d r a 1 a' 1 a M i t r a, 1. c. S. 5.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21295050_0023.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)