Die myasthenische Paralyse (Bulbärparalyse ohne anatomischen Befund) / von H. Oppenheim.
- Oppenheim, Hermann, 1858-1919.
- Date:
- 1901
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Credit: Die myasthenische Paralyse (Bulbärparalyse ohne anatomischen Befund) / von H. Oppenheim. Source: Wellcome Collection.
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![fortschreitende Muskelatrophie, besonders an den Extremi- täten, hervor. Diese Muskelatrophie ist keine zweifelhafte und keine auf ein umschriebenes Muskelgebiet beschränkte^ sondern eine weit verbreitete, mehr oder weniger generelle, und ebenso sind die ihr parallel gehenden Veränderungen der elek- trischen Erregbarkeit nicht unbedeutende, unbestimmte, auf einen Muskel oder eine Muskelgruppe beschränkte, sondern evidente und über einen grossen Teil der befallenen Muskulatur ver- breitete. Hat es sich auch nur ausnahmsweise, nämlich bei Sachs und in einem von mir beobachteten Falle, um qualitative Veränderungen (partielle EaR.) gehandelt, so ist doch die in den übrigen festgestellte quantitative Abnahme der Erreg- barkeit eine so beträchtliche [bis zur völligen Unerregbar- keit in einzelnen Muskeln^)] und allgemeine gewesen, dass dieses Symptom die Poliencephalomyelitis von der Myasthenie fundamental scheidet. Denn wir haben es als- gesetzmässig hinstellen müssen, dass bei dem letztgenannten Leiden auch bei langer Dauer die Muskelatrophie und die elektro- diagnostischen Merkmale derselben vermisst werden. Und wenn auch in einzelnen Fällen eine gewisse Abnahme des Muskel- volumens, eine Abflachung einzelner Muskeln und eine quantitative Abnahme der Erregbarkeit in ihnen nachgewiesen wurde, so hat es sich da einmal um eine auf ein kleines Gebiet begrenzte,, meistens auch nur temporär beobachtete, Erscheinung gehandelt, andererseits ist bei der Feststellung die in dem Wesen der Myasthenie begründet liegende passagere Beeinträchtigung der Reaction nicht berücksichtigt worden. Jedenfalls liegt kein Fall vor, welcher lehrt, dass eine ausgebreitete, generelle, mit dauern- der und erheblicher quantitativer Abnahme der Erregbarkeit einher- gehende Muskelatrophie bei der Bulbärparalyse ohne anatomischen Befund vorkommen kann. In der Würdigung dieser Thatsache dürfen wir uns auch nicht durch die Wahrnehmung beirren lassen, dass es einzelne Fälle giebt (Kalischer, Goldflam, Kojewnikoff, Oppen- heim), in deneii sich diese Grenzlinie zu verwischen scheint und die Klassifizierung sich nicht klar und scharf durchführen lässt. Derartige gewissermassen am Kreuzweg zwischen den verschiede- nen Krankheitsformen stehende Fälle beobachten wir fast überall, mag es sich nun in der That um einen intermediären Typus oder um eine Abortivform oder nur um eine atypische Verlaufsweise oder schliesslich um dieKombination zweier verschiedener Affectionen,, von denen die eine vollkommen, die andere nur fragmentarisch entwickelt ist, handeln. '■) So waren in dem Seeligmüller'sehen Falle die Bauchmuskeln, in dem einen der von Guinon-Parmentier geschilderten die Oberarm-, in einem andern die Oberschenkelmuskeln unerregbar für beide Ströme u. s. w. Es ist also ganz berechtigt, wenn diese Autoren ihre Betrachtungen in dem Satze zu- sammenfassen: C'est l'atrophie, qui domine la scene et regle le degre de l'impotence fonctionelle.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21169925_0164.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)