Lehrbuch der anatomie des menschen / von C. Gegenbaur ; mit 558 zum theil farbigen holzschnitten.
- Carl Gegenbaur
- Date:
- 1883
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Credit: Lehrbuch der anatomie des menschen / von C. Gegenbaur ; mit 558 zum theil farbigen holzschnitten. Source: Wellcome Collection.
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![A. Niedere Sinnesorgane. 1) Organe des Hautsinnes. § 312. Als solche begreifen wir jene Einrichtimgen, welche im Integument als all- gemein sensible Apparate verbreitet sind. Bei niederen Wirbelthieren (Fischen) besteht hier ein großer Reichthum von hochgradig entfalteten Organen, die wahr- scheinlich zur Perception differenter Zustände des Wassers dienen. Aus der Verschiedenartigkeit der Structur dieser Organe schließen wir auf eine Verschie- denheit ihrer Leistungen, und gelangen so zu der Vorstellung einer bei diesen Thieren bestehenden größeren Anzahl von Qualitäten der Sinneswahrnehmungen, als die Tradition deren anzunehmen pflegt. Auch bei den Amphibien kommen noch ähnliche Bildungen vor. In den höheren Abtheilungen der Wirbelthiere bestehen in dieser Hinsicht viel einfachere anatomische Verhältnisse, die jedoch noch nicht vollkommen klar liegen. Wir kennen zwar eine reiche Verbreitung sensibler Ner- ven im Integumente des Menschen, und die Thatsachen mehren sich, welche das Eindringen solcher Nerven mit feinsten Fasern in die untersten Lagen der Epi- dermis statuiren, allein das fernere Verhalten dieser Fasern ist zum größten Theile unbekannt. Außer diesen in großer Menge zur Epidermis gelangenden Fäserchen, welche zwischen den Zellen sich der ferneren Wahrnehmung ent- ziehen , bestehen auch minder feine Fasern, die mit Zellen in Zusammenhang erkanu't sind; man hat diese als Ta s t z e 11 e n (Merkel) bezeichnet. Einzelne oder auch mehrfache Zellen bilden den Endapparat der Faser. Sie sind im Integument fast aller Körperregionen verbreitet nachgewiesen. Indem solche Formelemente auch in der obersten Schicht der Lederhaut vorkommen, bleibt fraglich, ob sie von der Epidermis aus dahin gelangt sind. Sie vermitteln jedoch den Übergang zu einer zweiten, nur der Lederhäut zukommenden Bildung, den Tastkörperchen [Corpuscula tactus]. Diese liegen als ovale Gebilde in Papillen der Lederhaut, der Papillen-Spitze genähert und bestehen aus einer knäuelförmig gewundenen, häufig auch getheilten Nervenfaser, deren Ende in eine Zelle übergeht. Die bezüglichen Papillen werden Tastpapillen [Papulae tactiis) benannt. Diese Tastkörperchen finden sich in großer Anzahl an der Volarfläche der Hand und an der Sohlfläche des Fußes, am reichsten an den Fingerbeeren, etwas spärlicher an Hand- und Fußrücken, am rothen Lippenrande, auGlans penis und clitoridis. Mehr vereinzelt an den übrigen Körperstellen. Das Eigenthümliche dieser Organe Ijesteht in der knäuelförmigen Windung der Nervenfaser, sowie in deren Einbettung in die Lederhäut. Durch letzteres sind sie der sonst die Bildungsstätte von Sinnesorganen abgebenden Schicht entrückt, verschieden von dem übrigen Sinnesapparate, -wie er allgemein im Thierreiche sich darstellt. Man kann nun jene Lage als eine secundäre betrachten, -wofür mancherlei Gründe bestehen, auch die Analogie mit ganzen Epithelialcomplexen, die, wie das Ohrlabyrinth, von ihrem Mutterboden sich.trennen und eine tiefere Einbettung eingehen, allein für's Erste wird man sich an die Thatsache zu halten haben.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21053959_0923.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)