Knabenfreundschaften / von Ludwig Gurlitt. Ethik des Geschlechtslebens / von Ernst Baars. Sexualforschung in Spanien / von Hermann Rohleder. Rundschau. Kritiken und Referate. Bibliographie. Über Vorträge, Vereine und Versammlungen.

  • Ludwig Gurlitt
Date:
1909
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Credit: Knabenfreundschaften / von Ludwig Gurlitt. Ethik des Geschlechtslebens / von Ernst Baars. Sexualforschung in Spanien / von Hermann Rohleder. Rundschau. Kritiken und Referate. Bibliographie. Über Vorträge, Vereine und Versammlungen. Source: Wellcome Collection.

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    unseren Knabenfreundschaften nahm kein Mensch Ärgernis. Ich habe als Student drei Jahre lang mit meinem lieben, alten Freunde Woldemar Martinsen — jetzt in Dresden — unzertrennlich gelebt: gleiche Studien, gleiches Haus, die Zimmer nebeneinander, gleiche Mahlzeiten, gleiche Spazier¬ gänge. Wir Messen die „Unzertrennlichen“. Selten, dass man — auch in den Ferien — den einen ohne den anderen sah. Es war wirklich für mich und doch wohl auch für ihn ein Behagen und Glück in dieser Freundschaft, an der auch alle Umlebenden freudigen Anteil nahmen. Unsere Jugend¬ freundschaft besteht heute noch ungetrübt. Hat also schon 33 Jahre etwa vorgehalten. Damals ahnten wir nichts von irgend einem Verdachte, der ein solches Verhältnis beflecken könnte. Ich beklage wirklich die heutige Jugend, dass sie um diese Selbstverständlichkeit einer unsinnlichen Freundschaft betrogen wird. Mir ist nie zu Ohren gekommen, dass man unter deutschen Studenten das Verhältnis des Leibburschen zum Leibfuchs irgend sinnlich bewertet habe. Ich finde daher meinen Gewährsmann wieder im Unrecht, wenn er fortfährt: „Verständnislos steht unsere Zeit der zweiten Entwicke¬ lungsperiode gegenüber als einem unlösbar scheinenden Pro¬ bleme, das aber doch schon vor Jahrtausenden von den idealen Griechen so glücklich gelöst wurde. Auch unserer Jugend könnte über diese kritischen Jahre durch Weckung des Ver¬ ständnisses für griechische Ideale hinweggeholfen werden, durch Erziehung zur Freundschaft, zu jener innigen, auf¬ opfernden Freundschaft, welche ihr mehr „Reinheit“ gibt als die verlangte' Askese. Alle die sich hierbei aufdrängenden Fragen nach Notwendigkeit und Nützlichkeit einer Erziehung zur Freundschaft dürften bejaht werden, desgleichen ihre Möglichkeit, durch Weckung nämlich und Förderung wahrer Freundschaftsliebe in Schule und Haus (vergl. alte und neue Klassiker). Freilich: egoistisch und brutal veranlagte Na¬ turen werden wohl nie Verständnis für Freundschaftsideale bekommen; allein wenn auch nur ein kleiner Prozentsatz aus den Wirrnissen und seelischen Drangsalen der Entwicke¬ lungsjahre durch treue Freundschaft geführt würde, so waren es bei unserer grossen Volkszahl schon viele Millionen, die Freundschaft rettete.“ —