Therapeutisches Lexikon für praktische Ärzte / unter Mitwirkung der Herren C. Breus [and others] ; herausgegeben von Anton Bum.
- Date:
- 1891
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Credit: Therapeutisches Lexikon für praktische Ärzte / unter Mitwirkung der Herren C. Breus [and others] ; herausgegeben von Anton Bum. Source: Wellcome Collection.
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![ABORTUS — ABREIBUNG. 6 keine Aussicht mehr vorhanden, den drohenden Abortus noch aufhalten zu können. Ist der Abortus endlich im Gange, so verhalte man sich absolut exspectativ und beschränke sich auf desinficirende Ausspülungen der Vagina, wozu Sublimat 1 : 3000, Carbolsäure 3°/0 oder Crcolin (Pearson) 2° 0 zu empfehlen sind. — Nur wenn der Verlauf ein- sehr schleppender oder wenn viel Blut abgeht, gebe man Secale: Rp. Extract. secal. cornut. . . 5'00. Aqu. destillat 120'00. Spirit, vini cognac optim. 20‘00. Sgr. simpl . lO'OO. S. 1—2stündlich 1 Esslöffel. Bei zu heftigen Blutungen auch kalte Um- schläge, Eisbeutel oder Leiter’s Kühlapparat auf die Bauchdecken oder man tamponire mit Jodoformgaze die Vagina. — Die Tamponade führt man am besten mit langen, etwa hand- breiten Streifen 10—20°/o Jodoformgaze so aus, dass man die Frau in die Seitenlage bringt, mit einem Sms’schen Rinnenspiegel oder im Nothfalle mit dem Finger die hintere Vaginal- wand zurückzieht und so die Vagina freilegt. Dann werden die Jodoformgazestreifen mit einer langen Kornzange zunächst im Scheiden- gewölbe fest um die Portio herum angepresst und so viele Streifen nachgeschoben, als die Vagina fassen kann. Lockere Tamponade nützt gar nichts. Zu fest kann die Tamponade, wenn man nicht brüsk vorgeht, nicht leicht werden. Nach einigen Stunden entfernt man die Jodo- formgaze und findet dann meist das Ei aus dem Uterus geboren in der Vagina liegend. Bei unvollkommenem Abgänge des Eies, Ver- jauchung desselben oder zu grossem Blutver- luste ist die Entfernung des Eies oder der Eireste mit der Curette geboten , welche fast stets weit schonender und sicherer durchführ- bar ist, als die digitale Ausräumung der Uterus- höhle. — Ist nach starken Blutverlusten be- drohliche Anämie vorhanden, Analeptica (sub- cutane Aether- oder Campherinjectionen, Alko- hol, warme, später kalte Getränke), niedere Lagerung des Kopfes, eventuell Einwicklung der Extremitäten mit elastischen Binden (s. Autotransfusion). bs. Abortus, Einleitung des künst- lichen. Man gehe nie an dieselbe, ohne vorher mit einem oder mehreren Collegen die Indication unzweifelhaft sichergestellt zu haben. Die Schwierigkeit dieser sehr seltenen Indicationsstellung und die nothwendige Rück- sicht auf die eigene Reputation des Arztes erfordern diese Vorsicht und verbieten die isolirte Behandlung dieser Frage durch einen einzigen Arzt. — Von den verschiedenen Me- thoden (Dilatation des Cervix, Vaginaldouchen, Elektricität, Einlegen von Bougies in die Uterushöhle, Blasenstich, Sondirung des Uterus, Tamponade der Vagina und des Cervix) sind als einfachste und verlässlichste die Sondirung und die Tamponade zu bezeichnen. — Zur Sondirung wählt man eine dicke geknöpfte Uterussonde. Diese wird entweder nach Frei- legung der Portio mit irgend einem (rinnen-, röhrenförmigen oder mehrblätterigen) Vaginal- speculum oder blos unter Leitung eines Fingers in den Muttermund und den Cervix eingeführt und dann vorsichtig in der Richtung der vor- her durch bimanuelle Untersuchung genau ermittelten Lage des Uteruskörpers in das Cavum uteri mit leichtem Drucke allmälig vorgeschoben. Ist die Sonde etwa 7 Cm. vor- gedrungen, dann wird dieselbe durch Drehungen des Griffes einigemale in der Uterushöhle von einer Seite zur anderen hin und her bewegt und dann wieder zurückgezogen. Selbstver- ständlich ist die genaueste Einhaltung aller Desinfectionsmassregeln. Ausser der subjec- tiven Desinfection des Operateurs und seiner Instrumente sind wiederholte Irrigationen der Vagina (Sublimat 1 : 3000 oder Carbolsäure 3°/0), Abwaschen der Umgebung des Mutter- mundes im Speculum mit in die Desinfections- flüssigkeit getauchten und von einer langen Kornzange gefassten Wattestückchen, Aus- wischen des Cervixcanales vorzunehmen. — Die Tamponade der Vagina und des Cervix ist als die gewiss ungefährlichere Methode auch deshalb der Sondirung vorzuziehen, weil sie zugleich eine gefährliche Begleit- erscheinung des Abortus, die Blutung, einzu- schränken vermag. (Ausführung derselben s. bei „Abortus“.) — Es empfiehlt sich aber, vor der Vornahme der Vaginaltamponade, um die Auslösung von Wehen sicherer anzuregen, einen dünnen Jodoformgazestreifen (der über- dies mit schwacher Sublimatlösung oder 3°/0Car- bolwasser getränkt sein soll) auch in die Uterus- höhle vorzuschieben oder wenigstens den Cer- vicalcanal fest damit auszustopfen. bs. Abreibung. Ein in kaltes Wasser ge- tauchtes, ausgerungenes Leintuch von 2 bis 3 Meter Länge und ll/2—2 Meter Breite wird um den Körper des Abzureibenden geschlagen. Der Abreiber (Badediener) hält das Tuch derart, dass er mit der linken Hand den oberen Rand des soweit zusammengefalteten Tuches fasst, als er mit ausgebreiteten Armen eben noch spannen kann. Mit dem so ausgebreiteten, frei herabhängenden Tuche tritt der Diener an den entkleideten Kranken oder an dessen Bett. Der Abzureibende, welchem (zur Verhütung der Rückstauungs-Congestion [Winternitz]) Ge- sicht, Kopf, Brust und Achselhöhlen gewaschen worden waren, stülpt eine nasse Haube auf den Kopf und wird nun, soweit dies die Breite des Tuches gestattet, l1/2 oder 2mal in das- selbe gewickelt. Die Einwicklung, pflegt so vorgenommen zu werden, dass der eine Zipfel des oberen Tuchrandes zwischen Stamm und Arm festgehalten, das Leintuch quer über die Brust zur anderen Achselhöhle, sodann über den Rücken zur linken Schulter geführt und endlich über die rechte Schulter rasch herum- gelegt wird. Mit dem Zipfel, welchen der Ab- reiber zuletzt in der Hand behält, wird das Tuch am Halse festgestopft und auch zwischen beide Ober- und Unterschenkel festgeklemmt, so dass es bei der Abreibung möglichst falten- los dem Körper anliegt, und zwischen zwei sich berührende Hautflächen überall eine Leinenlage eingeschoben erscheint. Nun führt der Abreiber mit langen, mehr weniger kräftigen Strichen die flach angedrückten Hände an dem Körper 1*](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21982533_0013.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)