Die Verletzungen des Auges : ein Handbuch für den Praktiker.
- Praun, Eduard.
- Date:
- 1899
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Credit: Die Verletzungen des Auges : ein Handbuch für den Praktiker. Source: Wellcome Collection.
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![zur allmählichen Rückbildung des Entzündungsprozesses. Der etwa die Hälfte der vorderen Kammer einnehmende Eiter nimmt weitei'hin an Menge nicht mehr zu, die vor dem Hypopyon liegende Partie der Hornhaut erweicht nekrotisch und wird durch den Fremdkörper vorgewölbt, der Eiter schrumpft zusammen, die PuiDille und der Fremdkörper kommen deutlich zum Vor- schein, die Gefässinjektion nimmt ab und der Fremdkörper wird in der Hornhaut sichtbar und fällt schliesslich heraus; es findet also eine Elimination des Fremdkörpers durch die eigene Hülfe des Organismus statt. Das Aufhören der Entzündung ist durch Abkapselung des Fremdkörpers zu erklären, wodurch die chronische Eeizwirkung auf das umgebende Gewebe still steht. War die Entzündung, wie Leber von vorneherein annahm, durch eine Lösung des Kupfers erfolgt, so musste Kupferstaub, in das Auge gebracht, die Intensität der Entzündung bedeutend steigern. Die Probe wurde gemacht und es stellte sich dies in der That heraus, indem eine hoch- gradige Entzündung mit starker Injektion und Chemosis der Bindehaut auftrat; die Iris war von einer grossen Zahl gelblichweisser Pünktchen bedeckt und sämtliche Kupferteilchen wai'en von einer Eitei'hülle umgeben. Auch aus diesem Versuche geht unzweideutig hervor, dass es sich um eine von Eiterkokken freie Entzündung handelt; übrigens ergaben nachträgliche mikroskopische Untersuchungen auf solche und die Erfolglosigkeit von Kiilturen des der vorderen Kammer ent- nommenen Eiters die Abwesenheit von Eiterkokken. Zu demselben Resultate gelangte Kostenitsch, Ulli dessen Arbeit wir im be'^onderen Teile ausführlicher zurückkommen Averden. Überraschend ist die Beobachtung Lebers, dass Kujoferstücke, welche durch die Horn- hautmitte direkt in die Linse eingestochen wurden, sodass ihr äusseres Ende noch in die Vorder- kammer vorragte, aber die Hornhaut nicht berührte, gar keine Entzündung erregten, sondern im Auge ertragen wurden, ohne auch nur eine totale Trübung der Linse zu bewirken; dabei handelte es sich nicht um einen zufälligen Unterschied in der Versuchsanordnung, was dadurch dargethan wurde, dass es gelang, durch nachträgliche Lageveränderung des Fremdkörpers von der Linse in gefässhaltige Teile stärkste Entzündung hervorzurufen. Der Unterschied ist so zu erklären, dass der Fremdkörper in« der Linse von einer eiweissreichen Substanz eingehüllt und dadurch unschäd- lich gemacht wird, während im Humor aqueus Kupfer sich leicht löst, wodurch weitere Ent- zündung angeregt wird. Kupferstückehen, in die Hornhaut gebracht, erregten eine Entzündung, welche der bei der Hornhaut beschriebenen Pilzkeratitis ähnlich ist. Die entzündliche Reaktion ist nicht so hochgradig, es entsteht vielmehr nur eine massige Keratitis, hingegen findet sich die gleiche entzündliche Infiltration durch Einwanderung von Leukocyten aus den Gelassen des Horn- hautrandes. Ebenso ist das hierbei manchmal auftretende Hypopyon auf chejuotaktische Wirkung zurückzuführen, indem gelöstes Kui^fer von der gefässlosen Hornhaut aus auf gefässhaltige Teile, auf Iris und Ciliarkörper, diffundiert. Kupfer im Glaskörper wirkt wie Eisen und führt zu Nekrose und Ablösung der Netzhaut; eiteriges Exsudat tritt nur auf, wenn das Kupferstück sich auf gefässhaltige Teile, besonders auf den Ciliarkörper, lagert, und verbreitet sich dann in Gestalt leichter Trübungen auch auf den übrigen Teil des Glaskörpers. Liegt hingegen das Kupferstück frei im hinteren Teile des Glas- körpers, so bleibt es tagelang metallisch blank und frei von einhüllender Exsudation. AVciterhin findet sich dann die langsam eintretende Degeneration der Netzhaut; in einigen Fällen trat Katarakt- bUdung ein, ohne dass die Linse verletzt worden wäre. Hirschberg (2) stellt für das Verhalten von Kupfer im Auge auf Grund langjähriger Erfahrung folgende mit Lebers Untersuchungen vollkommen übereinstimmende Leitsätze auf: 1. Ein Kupfersplitter in der Bindehaut und in den oberflächlichen Lagen der Lederhaut ist ungefährlich und kann leicht entfernt werden. 2. In der Hornhaut kommen nur kleine Splitter vor, die ohne weiteres extrahiert werden können. 3. In der Regenbogenhaut kommt es zu einem Knoten von Granulationsgewebe, wenn der Splitter aus der Linse auch nur mit einer Spitze hervorragt. Die Entfernung ist meist einfach. 4. In der Linse wird ein kleiner Kupfersplitter monatelang und selbst Jahr und Tag ganz gut ertragen. Es braucht nicht einmal eine dauernde Linsentrübung aufzutreten. Das Auge liest feinste Schrift und braucht also nicht operiert zu werden. Schliesslich jedoch kann es zu einer stürmischen Quellung der Linse kommen, sodass deren Beseitigung nicht aurzusehiebeu ist. Der Erfolg des Eingriffes ist zufriedenstellend. 5. Im Glaskörper bedingt ein Kujjfersplitter meist akute Eiterung, selten chemische Ent- zündung mit Bindegewebsbildung. Das Auge ist verloren, da die Entfernung des Splitters nicht gelingt. 6. Im Augenhintergrunde festsitzend, bewirkt der Kupfers])litter meist Vereiterung, wie im Glaskörper, selten Bindegewebsbildung mit Schrumpfung und vollständiger Netzhautablösung.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21210354_0038.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)