Über progressive Muskelatrophie; über wahre und falsche Muskelhypertrophie / von N. Friedreich.
- Friedreich, Nikolaus, 1825-1882.
- Date:
- 1873
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Credit: Über progressive Muskelatrophie; über wahre und falsche Muskelhypertrophie / von N. Friedreich. Source: Wellcome Collection.
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![fanden sich aber allerdings auch Fasern, au denen der Zerfall und der endliche Schwund nach dem Modus der gewöhnlichen fettigen Degeneration erfolgte, und man konnte häufig an einem und demselben Präparat diese lieideu Formen des Zerfalls und der Atrophie neben einander beobachten. An einzelnen, indessen_ nur seltenen Stellen machte sich das uennenswerthe Verhalten be- merkbar, dass bei Zusatz von A und langsamem Vorrücken des Reagens an jenen in einfachem oder fettigem Zerfall begriffenen jMuskelfasern ein trülier Niederschlag sich erzengte, welcher bei reicli- licherem Nachrücken des Reagens sich wieder löste, so dass eine trübe Zone der vorschreitenden Einwirkung des letzteren vorausging, und damit die Existenz einer Art perenchymatösen Exsudates, das Durchtränktsein der in Degeneration begriffenen Muskelelemente von einem flüssigen Proteinkörper (Casein?) angedeutet schien. Hatte nach vollständiger und gleichmässiger Einwirkung der A das ganze Präparat sich geklärt, so traten dann jene Kernwucherungeu, sowie jene spindelförmigen und sonder- bar verästigteu, steruförmigen, innerhalb der Substanz der Fasern gelegenen Elemente in gleicher Weise hervor, wie dies für die schwindende Muskulatur der Hand oben beschrieben wurde. Ebenso Hess sich dann auch die in ausgeprägter Hyperplasie liegriffene und von reichlicher Kernwuchernng durchsetzte interstitielle Bindegewebssubstanz aufs Schönste demonstriren. (Ta f I. Fig. H möge die beschriebenen Zustände veranschauhchen, wie sie an einem aus noch erkennbaren Muskelresten innerhalb der im Uebrigen lipomatös entarteten Muskulatur der hinteren Parthieon des rechten Ober- schenkels entnommenen Präparate [nach Ä] sich darstellten). Koch will ich nicht unerwähnt lassen, dass einzelne der verästigten, innerhalb der Muskelfaser sich verzweigenden Elemente in ihi-en Aus- läufern Fetttröpfchen enthielten, sowie dass es mir mitunter gelaug, durch leichten Druck auf das Deckglas den körnig oder fettig zerfallenden Inhalt aus der Sarcolemmaröhre heraus zu drücken und damit jene innerhalb der Faser gelegenen spindelförmigen oder ästigen Gebilde mehr oder minder vollständig zu isoliren; dabei trat denn Ijesouders klar hervor, dass es sich bei letzteren in der That um zellige Elemente, um Kerne mit anklebenden Protoplasmafortsätzen handelte, an denen hie und da selbst die Existenz einer Zellenmembran kaum zweifelhaft erschien. (Taf II Fig. A). Manchmal traf ich auf Bilder, welche eine, inmitten von in der bisher beschriebenen Weise veränderten Muskel- elementen gelegene Muskelfaser zeigten, welche eine körnige (fettige) Degeneration, sowie einen korkzieherartia: gedrehten Verlauf darbot und offenbar in fortschreitendem Schwunde begriffen war. (Taf II Fig. B). Sehr schön Hess sich an den Muskeln der unteren Extremitäten der üebergang in die lipo- matöse Umwandlung verfolgen, und man konnte sich ohne Schwierigkeit überzeugen, wie die dem wuchernden Perimysium internum angehörigeu Bindegeweliszellen durch Aufnahme grösserer Fett- tropfeu nach und nach zu grossen Fettzellen sich umgestalteten, üebei'all traten die Fettzellen zuerst zwischen den einzelnen Muskelfaserbündeln und Muskelfasern auf, wo sie anfänglich in rosenkranz- förmigen Reihen, entsprechend der Richtung der Muskelfaserzüge, eingelagert waren. Häufig fanden sich auch Bilder, welche zeigten, dass das erste Auftreten der Fettzellen den kleineren arteriellen Ge- fässen des Muskels folgte, wo dann die Fettzelleu aus den Elementen der gleichfalls in Wucherung begriffenen Adventitia und ihrer Umgebung sich herausbildeten. Nirgends aber konnte ich Andeutungen für die Annahme finden, dass auch jene innerhalb der Muskelfasern gelegenen spindelförmigen und verästigten Elemente sich zu Fettzellen umgestaltet hätten. Am centralen Nervensystem, welches sich schon für die Betrachtung mit unbewaffnetem Auge durchaus normal zeigte, Hess auch die mikro.sknpische Untersuchung keine Veränderung ent- decken. Ebenso verhielten sich der Sympathikus am Halse und dessen Ganglien auch für die mikro- skopische Betrachtung normal. Wohl alier ergab die Untersuchung der peripherischen Nerven Itemer- kenswerthe Resultate. Ueberall, wo ich in den erkrankten Muskeln der rechten Hand und der Beine Nervenästchen zu Gesichte bekam, waren dieselben umgeben von einem sehr reichlichen Bindegewebe, welches sich auch zwischen die einzelnen Nervenfasern hiueinentwickelt und dieselben auseinander- gedrängt hatte. Zusatz von A zeigte einen enormen Kerureichthum dieses hyperpla.stischen Neurilenis; auch die Kerne der Schwann'scheu Scheiden befanden sich in mehr oder minder ausgeprägter Wuche- rung. Die Nervenfasern selbst waren in hohem Grade verdünnt, ihr Mark atrophisch, hier und da auf weitere Strecken hin unterbrochen; mitunter bezeichneten nur noch kernreiche Bindegewebsstrassen den fi-überen Verlauf der Nerven. Die gleichen Bilder fanden sich au den intranmsknlären Nervenwrzwei- gungeu der unteren Extremitäten; nur war hier die Untersuchung wegen der wuchernden Fettgewebs- massen wesentlich erschwert. Auch an den kleineren extramuskniären motorischen Nervenästen bis herauf zu den grossen gemischten Stämmen (Nu. tibiales, peronaei, crurales, medianus dexter) fanden sich die gleichen Veränderungen, nur in geringeren Graden. Zwischen den Nervenfasern verlief auch hier überall sehr viel filnilUiies, kernreiches Bindegewebe; die Priraitivfasern waren grossentheils sehr verdünnt, das Nervennuuk krümelig, in bröckeligem Zerfall, theilweise nur noch in Spuren vorhanden oder selbst stellenweise total geschwunden, so dass nur die Aclisencylinder und die mit wuchernden Kernen besetzten, häufig auch zu einer fibrillären Masse verdickten Schwann'scheu Scheiden restirten. Von Fett konnte ich nirgends innerhalb der Nervenfasern etwas erkennen. Aueh durch die grossen Stämme der Nn. crurales und ischiadici Hess sich die fortschreitende Veränderung verfolgen bis zu den](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21221698_0030.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)