Der Jerusalemische Talmud : in seinen haggadischen Bestandtheilen / zum ersten Male in's Deutsche übertragen von A. Wünsche.
- Date:
- 1880
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Credit: Der Jerusalemische Talmud : in seinen haggadischen Bestandtheilen / zum ersten Male in's Deutsche übertragen von A. Wünsche. Source: Wellcome Collection.
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![Ewiger, mein Gott und Gott meiner Väter, dass, wie ich am Morgen gewürdigt worden bin, die Sonne zu sehen, ich es auch des Abends sein möge! Abends endlich soll er sprechen: Möge es dir gefallen, Ewiger, mein Gott und Gott meiner Väter, wie du mich (am Morgen) aus der Finsterniss ans Licht gebracht hast, mich wieder aus ihr ans Licht zu bringen! Nach Rabbi Josua ben Levi kann man diese drei Gebete von den Vätern lernen und zwar das Morgengebet von Abraham s. Gen. 19, 27, denn das Wort stehen bedeutet nichts andres als Stehen zum Gebet vergl. Ps. 106, 30; das Abendgebet von Jizchak s. Gen. 24, 63, denn das Wort sinnen (denken) heisst nichts andres als beten vergl. Ps. 102, 1; das Nachtgebet endlich von Jakob s. Gen. 28, 11, denn das Wort nahen be- deutet nichts andres als beten vergl. Jerem. 27, 18 und 7, 16. die Rabbinen dagegen leiten die drei Gebetszeiten vom täglichen Opfer her und zwar das Morgengebet vom Morgenopferlamm, das Abendgebet vom Abendopfer. Da sie aber für das Nacht- gebet keinen bestimmten Grund hatten, so verordneten sie es schlechthin. Darum heisst^es auch: Das Nachtgebet hat keine bestimmte Zeit. [Fol. 29 b.] Ein Schüler kam und fragte den Rabbi Josua, ob das Abendgebet ein pflichtmässiges oder ein freiwilliges sei, und er gab zur Antwort: Es ist ein freiwilliges. Der Schüler richtete dieselbe Frage darauf an Rabban Gamliel und dieser erklärte es für ein pflichtmässiges. Rabbi Josua hat es für ein freiwilliges erklärt, wandte der Schüler ein. Darauf sagte Rabbi Josua: Wenn ich morgen in das Versammlungshaus komme, so tritt du auf und frage, wie darüber die Halacha lauten. Am Morgen erschien der Schüler im Versammlungshause und stellte die Frage an Rabban Gamliel: Wie verhält es sich mit dem Abendgebet? Es ist ein pflichtmässiges, antwortete er. Der Schüler sagte: Rabbi Josua hat es für ein freiwilliges erklärt. Rabban Gamliel wandte sich an Rabbi Josua und sprach: Hast du wirklich diesen Ausspruch gethan? Nein! war seine Ant- wort. Stehe auf! entgegnete Rabban Gamliel, damit man wider dich zeuge. Rabban Gamliel sass und legte inzwischen aus und](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b30095827_0026.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)