Die Aufzuchtkrankheiten der Jungtiere / Curt Ehrlich.

Ehrlich, Curt, 1888-

Date:: 1948

Catalogue details

Licence: Attribution-NonCommercial 4.0 International (CC BY-NC 4.0)

Credit: Die Aufzuchtkrankheiten der Jungtiere / Curt Ehrlich. Source: Wellcome Collection.

14/140 (page 12)

II. : Viele Jungtiere sind lebensschwach und für Krankheiten anfällig, weil sie erblich belastet sind Daß die Anlage zu Krankheiten mit der Erbmasse vom Vater oder der Mutter auf die Nachkommen übertragen werden kann, wird heute nicht mehr bezweifelt. E)iese Anlagen, von den Eltern ererbt, sind von Anfang an in den neugeborenen Tieren vorhanden und führen bald nach der Geburt oder später zur Ei'krankung oder gar zum Tode des Tieres. Die betreffenden Jungtiere werden zwar äußerlich gesund, aber mit schwächlicher Konstitution geboren, so daß sie meist schon im jugendlichen Alter Krankheiten zum Opfer fallen. Es ist aber zu unterscheiden zwischen der Vererbung einer schwächlichen Gesamt¬ konstitution und der Vererbung von Einzelfehlern oder Mißbildungen bzw. der Anfälligkeit zu bestimmten Krankheiten. So können Mastdarm- oder Grimm darmverschluß, das Fehlen oder die Verbildung von Gliedmaßen, Einhodigkeit, Leistenbruch, Unfruchtbarkeit und andere Anlagen erblich bedingt sein. Es gibt ferner sogenannte Unglücksstuten, deren Fohlen regelmäßig an Fohlen¬ lähme erkranken und eingehen, oder es gibt Unglückssauen, deren Ferkel immer an Ruhr erkranken und verenden. Auch die häufig beobachteten Totgeburten, besonders bei Sauen, sind weniger häufig auf infektiöse Ursachen als auf Erb¬ anlagen, sogenannte Letalfaktoren, zurückzuführen. Wénn auch die nach dieser Richtung hin angestellten wissenschaftlichen Untersuchungen noch nicht zahl¬ reich sind, ЭО liegen doch schon Beweise dafür vor, daß es durch zielbewußte Zuchtwahl gelingt, krankheitsfeste Tierstämme zu züchten, ebenso wie man in der Pflanzenzucht z. B. krebsfeste Kartoffelsorten kennt. Die Amerikaner Ro¬ berts und Card haben in siebenjähriger Arbeit und unter Verwendung von mehr als 28 ООО Küken eine Erblinie herausgezüchtet, deren Küken bei weitem widerstandsfähiger gegen die weiße Kükenruhr waren als solche aus einer nicht besonders gezüchteten Linie. Durchschnittsergebnisse für diese sieben Jahre zeigen bei künstlicher Infektion mit Kükenruhr 65,3 v. H. Uberlebende in der widerstandsfähigen Erblinie und nur 27,5 v. H. Uberlebende in der nicht durch Zuchtwahl herausgezüchteten Linie. Es gelang ferner, Meerschweinchen zu züchten, die der Tuberkuloseinfektion widerstanden, ohne zu erkranken. Durch diese und noch andere Züchtungsversuche ist der sichere Beweis erbracht, ,daß es möglich ist, Tiere zu züchten, die über eine hohe, natürliche erbliche Wider¬ standsfähigkeit gegen bestimmte Seuchen vèrfûgen. Es sind aus diesen Beobadi- tungen und Erfahrungen heraus alle Muttertiere, die regelmäßig lebensschwache und krankheitsanfällige Nachkommen zur Welt bringen, von der Zucht auszu¬ merzen. Hingegen sind alle Vater- und Muttertiere zur Zucht bevorzugt zu verwenden, deren Nachkommen bisher ohne größere Verluste aufgezogen wur¬ den. Zweifelsohne sind die hohen Leistungsanforderungen, die wir an die Muttertiere, z. B. Milchkühe, stellen, vielfach von Nachteil für die Jungen im Mutterleib, die dann als konstitutionsschwache und anfällige Jungtiere allen möglichen Krankheiten zum Opfer fallen. Es gibt aber auch Muttertiere, die hohe Leistungen vollbringen und trotzdem gesunde, lebenskräftige und wider¬ standsfähige Junge zur Welt bringen. Diese Tiere auszusuchen, muß Aufgabe der Tierzucht sein. Einen umfassenden Einblick in die Erbanlage, z. B. einer Kuh, gewährt erst die Prüfung der Gesamtleistungen der Eltern und Groß¬ eltern in bezug auf die Fruchtbarkeit (Zahl der Nachkommen), die Lebensdauer, 12