Geschichte und Bibliographie der anatomischen Abbildung nach ihrer Beziehung auf anatomische Wissenschaft und bildende Kunst / von Ludwig Choulant ; nebst einer Auswahl von illustrationen nach beruehmten Kuenstlern, Hans Holbein [and others].
- Johann Ludwig Choulant
- Date:
- 1852
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Credit: Geschichte und Bibliographie der anatomischen Abbildung nach ihrer Beziehung auf anatomische Wissenschaft und bildende Kunst / von Ludwig Choulant ; nebst einer Auswahl von illustrationen nach beruehmten Kuenstlern, Hans Holbein [and others]. Source: Wellcome Collection.
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![hunderts schlicssen zwei grosse Saminluiigen vorljaiidener aiialomisclier Abbildungen. Histologisdie und mikroskopische Anatomie. Kunstanatomie adoptirt vollständig die albinisclien Musler und suclit allmälig auch von diesen zu grösserer Selbstständigkeit sich zu erheben, von Anatomen und Künstlern gleichmässig gepflegt. Nach diesen Andeutungen verfolgen wir die Geschichte bildlicher anatomischer Dar- stellung in der Art, dass ein möglichst anschaulicher Ueberblick des Enlwickelmigsganges gegeben werde. Wie daher ziu' Erläuterung und zu den biographischen und bil)liographi- schen Einzelheiten die S. 1—^174 folgenden Artikel bestimmt sind, so werden in die histo- rische Darstellung noch diejenigen Ereignisse und Leistungen aufgenommen werden, welche ihrer Natur nach in den gedachten Erläuterungen keine Stelle linden konnten, aber doch zur vollständigen Darstellung des Gegenstandes nothwendig sind. Es macht daher diese historische Einleitung mit den im Texte gegebenen Artikeln zusammen ein wenigstens in sich selbst nach Form und Inhalt geschlossenes Ganze ans. I. Z E 1 T R A U M. Bis 1521. Bei dem Wiederaufleben der Wissenschaften im früheren Mittelalter fühlten die Aerzte kaum das IJedürfniss anatomischer Abbildungen nach der Natur, und wäre ein solches auch vorhanden gewesen, so konnte es nicht befriedigt werden, da man menschliche Leichen nicht zergliedern durfte. Zu dem war alles medicinisch Wissenschaftliche durch die Hände der Araber gegangen, denen eigene Zergliederung, ja selbst die Abbildung menschlicher Ge- stalt nach den Vorschriften des Islam fremd bleiben nuisste. So war keine andere Anato- mie in den ärztlichen Schulen vorhanden, als die in Schriften festgestellte Lage und Ver- bindung der Theile nach galenisch-arabischen Grundsätzen. Selbst als im XIV. Jahrhunderle die Zergliederung menschUcher Leichen wieder mög- lich wurde, war das Bedürfniss anatomischer Abbildimgen so wenig vorhanden, dass Mon- DLNO (1316) sein viel benutztes und gerühmtes Ilandluich menschlicher Anatomie ohne Ab- bildungen herausgeben konnte, wie er denn auch in demselben nirgends auf solche sich bezieht. Hätte man deren ])edurft und sie zum ßehufe des Lehrers oder des Schülers ge- wünscht, so wären Künstler, welche damals die llandschriflen mit Miniaturen sehr ver- schiedenen Werthes versahen, wohl für solche, wenn auch nur schemalische Darstellungen bereit gewesen; wir kennen aber anatomische Darstellungen aus Handschriften jener Zeit gar nicht und nirgends linden wir in den Schriften der Aerzle jener Zeit auf solche sich be- zogen. Als nach der Erfindung der Buchdruckerkunst bereits in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts die Vervielfältigung der Bücher eifrig betrieben wurde und für bildliche Dar- stellimg zu jener Zeit der Ilolzschnitt ein Gleiches möglich machte, zeigte sich bei den Aerzten auch kein anderes Verlangen, als das nach anatomisch-schemalischer Darstellung: man wollte das bis jetzt blos durch Worte und im Gedächtniss F'estgehaltene bildlich aus- gedrückt zur Erinnerung vor sich haben und dem Lernbegierigen vorlegen. Daher sind die bei Ketham (von 1491 an) vörkommenden Abbildungen, die doch für Aerzte bestimmt wa- ren, durchaus keine anderen als schematische, und die für philosophische Belehrung be- stimmten des Peyligk (1499) und Hundt (1501) shul ganz gleichen Schlages. Das Bedürfniss des bildenden Künstlers war ein durchaus verschiedenes; er bedurfte,](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21468977_0029.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)