Die Augenheilkunde des Ibn Sina / aus dem Arabischen übersetzt und erläutert von J. Hirschberg und J. Lippert.
- Avicenna, 980-1037.
- Date:
- 1902
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Credit: Die Augenheilkunde des Ibn Sina / aus dem Arabischen übersetzt und erläutert von J. Hirschberg und J. Lippert. Source: Wellcome Collection.
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![in seinem <(Normal-)Zustand; und das Auge bleibt offen, und ist nicht im Stande, die Lider zu scbliessen; aber das Seh-Ver- mögen ist aufgehoben. Dem Sehgeist selber ist folgendes Zeichen eigenthümlich. Wenn derselbe zwar fein, aber nur in geringer Menge vorhanden ist, sieht {der Mensch) bei aufmerksamer Betrachtung zwar die nahen Gegenstände, aber nicht die fernen.2 Wenn jedoch {der Sehgeist) einerseits fein, andrerseits aber reichlich ist, sieht {der Mensch) sowohl die nahen als auch die fernen Gegenstände. Wenn {der Sehgeist) aber allzusehr verdünnt ist, haftet er nicht auf den stark glänzenden Gegenständen; vielmehr verjagt ihn und zerstreut ihn das strahlende Licht. Ist er aber verdickt und dabei in reichlicher Menge vorhanden, so fehlt nicht das genaue Sehen in die Ferne, aber das Nahesehen ist nicht genau. Die Ursache hiervon liegt bei denen, welche vom Strahl reden3, darin, dass das Sehen nur geschehe durch ein Heraus- treten des Strahls {aus dem Auge) und durch sein Begegnen mit dem Seh-Gegenstand, und dass die Fortbewegung in die Ferne seine Dicke verdünnt und seine Wesenheit gleichmässig macht, — wie denn natürlich eine derartige Fortbewegung einen feinen Sehgeist auflöst, so dass er nichts mehr leistet. Aber für diejenigen, welche sagen, dass das Durchgängige die Gestalten der sichtbaren Dinge passiren lasse, ist die Ursache 8 Galen, von den Ursachen der Symptome, I, c. 2 (B. VII, S. 98): e'äv per ovv {to nvevfin xö t^u/txöi') äpa nolv xe xai ai&eocüdeg, xai xä nlel- axov dnexovin O^eäxai xai axqißij trp> öu'tyvcoaiv avxibv noieixaf aar öe öliyov /uee ?, xal/ttQÖf öe, xn ftev iyyvg dxqißüg öiayivüaxBi., xä öe nogowffev ov/ dop' t«»' de vyooxeQÖP xe it/ia xai nolv xv/j], ps/oi (iev nleiaxov, ovx äxgißcög de boip coaneg ye xai et iygöv xe äfia xai öllyov eirj, ovx' äxotßüg ovx' a/oi nXeiaxov 6q$. Also diese merkwürdig ausgearbeitete Doctrin von dem, was wir heute als Fehler der Eefraction und Accommodation bezeichnen, hat Ihn Sina fast wörtlich vom Galen übernommen; aber er hat den einen Fall — der Verdünnung des Sehgeistes, — welchen Galen über- gangen, noch hinzugefügt. Einigermaassen eigenthümlich ist dem Araber auch die Theorie, wobei er merkwürdiger Weise nicht blos, wie sonst die Galenischen Aerzte, auf Plato's Lehrmeinungen eingeht, sondern auch die des Aristoteles als gleichberechtigt diesen gegenüberstellt. Vgl. Gesch. d. Augenheilk. im Alterth., S. 150 und Galen, über die Dogmen des Hippokr. und Plato (B. V, S. 630 u. 643). 3 Bei den Anhängern der Synaugie des Empedokles und Plato.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b24748390_0144.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)