Copy 1, Volume 1

Allgemeine Pathologie oder allgemeine Naturlehre der Krankheit / [Karl Wilhelm Stark].

  • Stark, Karl Wilhelm, 1787-1845.
Date:
1844-1845
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Credit: Allgemeine Pathologie oder allgemeine Naturlehre der Krankheit / [Karl Wilhelm Stark]. Source: Wellcome Collection.

    865/876 (page 837)
    z. B. bei brandigen Theilen, fo wird auch die Faͤulniß des Krank: heitsorganismus gleichfalls durch daſſelbe veraͤndert. Auch der Scheintod, ein vom wahren Tod zu unterſcheiden— der, anomaler Zuſtand der Organismen, bei welchem die in der naturgemaͤßen Entwickelung liegende Periode des latenten Lebens ſich entweder ungewoͤhnlich verlaͤngert, oder auch zur unrechten Zeit eintritt, auch dieſer ſcheintodte Zuſtand wiederholt ſich beim Krankheitsproceß. Krankheiten koͤnnen laͤngere Zeit in demſelben verharren, ſchlummern und wieder zu neuem Leben erwachen, nach— dem man ſie laͤngſt erloſchen glaubte. Die weſentlichen Krankheits— ſymptome ſchweigen in dieſem Fall faſt gaͤnzlich, und nur dem geuͤbten Blick eines aufmerkſamen und ſcharfſichtigen Beobachters gelingt es, die leiſen Lebensregungen und kaum bemerkbaren De— flere der ſchlummernden Krankheit zu entdecken. Die Alten nennen ſolche Krankheiten verborgene, m. occulti, latentes. Sowie bei niedern Organismen ein längerer Scheintod an ſich ſchon ein nor— maler Zuſtand iſt (Winterſchlaf der Thiere, Verpuppung, Eier, Thier- und Pflanzenkeime in Eiern und Samen), und fie auch durch zufaͤllige Einfluͤſſe in einen ſolchen leichter verſetzt werden koͤnnen, ſo ſcheint dieſer auch uͤberhaupt von den Krankheiten und insbeſondere von den unvollkommnern Krankheitsproceſſen, nament— lich vegetativer Art, zu gelten, indem fie leichter und länger in einen, latenten Zuſtand gerathen und verharren, als das normale Leben und als hoͤhere Krankheiten. Die Exantheme, wenn ſie alle ihnen zukommenden Entwickelungs⸗ veränderungen dargeſtellt, die Abſchuppungsperiode geendigt haben, völlig ausgeeiterte Furunkeln, desquamirtes Eryſipelas, die Syphilis, die in warmen Ländern von ſelbſt heilt, Keuchhuſten, Schnupfen ꝛc. ſterben eines natürlichen Todes. Dagegen rafft ein unnatürlicher Tod die Krätze, die Luſtſeuche, die Entzündung, das kalte Fieber weg, wenn fie durch ihre Specifica geheilt werden. Zuweilen ſtirbt nur ein einzelner Theil, ein einzelnes Organ des Krankheitsproceſſes ab, während derſelbe im Uebrigen noch fortbeſteht. Es ceſſirt ein weſentliches Symptom der Krankheit, durch Zufall oder Kunſt beſeitigt, während die Hauptkrankheit noch exiſtirt. So trock⸗ net der Milchſchorf, der Herpes an einigen Hautſtellen ab, während er an andern noch fortwuchert. Das Leberleiden, Pfortadergicht, Scropheln ꝛc., welche Hauteffloreſcenzen zum Symptom haben, können noch fortdauern, wenn gleich dieſe verſchwunden find,‘ Schultz ſieht den collabirten, eingeſchrumpften, undurchſichtigen Zuſtand der Blutbläschen, ihre eingekerbten Ränder und überhaupt ihre unregelmäßige Form auch als ein ſicheres Zeichen des Todes an. Als ſolches können jene Erſcheinungen jedoch nicht mit Sicherheit