Lehrbuch der Speziellen Chirurgie fur Studierende und Arzte : auf Grundlage von E. Alberts Lehrbuch der Chirurgie / neu Bearbeitet von Dessen Schulern G. Alexander [and others] ; herausgegeben von J. Hochenegg.
- Date:
- 1907-1909
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Credit: Lehrbuch der Speziellen Chirurgie fur Studierende und Arzte : auf Grundlage von E. Alberts Lehrbuch der Chirurgie / neu Bearbeitet von Dessen Schulern G. Alexander [and others] ; herausgegeben von J. Hochenegg. Source: Wellcome Collection.
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![Jeder durchtreiinte Muskel, jedes «respaltene Faszienblatt muß exakt vernäht werden; wir bedienen uns ausschließlich der i\noptnaht. Sollte sich der seltene Fall ereignen, daß der I'atieiit in der Zeit der Kachbehandlung durch Hustenstöße oder beim Brechakt die Nähte ganz oder teilweise sprengt, so ist unverzüglich — im Ätherrausch wo- möglich — eine neuerliche Naht der Bauchdecken anzulegen. Als Verband nehmen wir ein Stück steriler Gaze, das durch zwei ziemlich lange, querangclegte Heftpflasterstreifen fixiert gehalten wird; darüber kommt eine Lage feiner Watte und endlich eine Scoultetemche vielköpfige Flanellbinde. 9. Tamponade der Bauchhöhle. Von einem vollständigen Verschlusse der Bauchhöhle durch die Naht nach der Laparotomie müssen wir absehen und eine Tamponade anwenden: aj Wogen der Gefahr einer Nachblutung; des öfteren sind wir außerstande, bei Operationen in der Bauchhöhle die Blutung durch Unterbindungen oder Um- stechungen vollständig zu beherrschen. Es gilt dies namentlich für die flächenhaften Blutungen, wie sie bei dem Lösen von peritonealen Adhäsionen auftreten und für parenchymatöse Blutungen z. B. aus der Leber, besonders bei Cholämischen. b) In allen jenen Fällen, in denen ein größerer Defekt des Peritoneum ge- setzt wurde. Es entstehen dadurch sezernierende Wundflächen, wir haben durch die Tamponade resp. Drainage für den Abfluß des Wundsekretes zu sorgen (tote Räume, V. Mikulicz). c) Haben wir bei einer Laparotomie ein Hohlorgan der Bauchhöhle mit in- fektiösem Inhalte eröffnet und durch die Operation in irgend einer Form, sei es mittelst Anastomose oder Ligatur verschlossen, so werden wir dann tamponieren, wenn wir nicht überzeugt sind, daß unser Verschluß fest ist, d. h. wenn wir fürchten, daß in einigen Tagen sich die Nähte lockern und der bakterienreichc Inhalt des Hohlorganes in die freie Bauchhöhle gelangen könnte. So tamponieren wir bei Ligatur des Ductus cysticus nach der Cholezystektomie, bei Versenkung des Duodenalstumpfes nach Resectio pylori u. a. d) Überall dort, wo wir Eiter oder seröse Ergüsse im Cavum peritonei finden, die wir für infektiös halten müssen (siehe Behandlung der Peritonitisj. e) Sobald wir Grund zu der Annahme haben, daß bei der Operation eine In- fektion des Peritoneum erfolgt ist. Wir verwenden zur Tamponade innerhalb der Bauchhöhle sterile Gaze, manch- mal Jodoformgaze meist in der F'orm des Mikulicz-Tam^ow?,. Darunter versteht man „ein viereckiges Stück einfacher steriler oder 17oig<3r Jodoformgaze von der Größe eines großen Taschentuches, in dessen Zentrum ein langer, starker Seidenfaden be- festigt ist. Das Gazestück wird in Form eines Beutels zusammengelegt, so daß seine Spitze vom Mittelpunkt gebildet wird, der Seidenfaden in seinem Innern vorläuft und mit seinem freien Ende heraushängt. „Mit diesem „Schleier werden die Wände des ganzen Raumes, der tamponiert werden soll, sorgfältig ausgelegt, wenn nötig wird in das Innere des Tampons noch sterile Gaze hineingestopft. Öfters geben wir auch noch gelochte Gummidrains in den Gazebeutel, wenn wir eine stärkere Sekretion erwarten. Rings um diesen Tampon legen sich alsbald die beweglichen Organe des Bauchraumes (Netz, Dünndarm) an, ihr peritonealer Überzug beginnt durch fibrinöse p]xsudation zu verkleben, nach einigen Tagen schon hat sich um den Tampon herum ein Mantel von Granulationen entwickelt. Durch diese Vorkehrungen sind wir im- stande, die Gefahr einer diffusen Peritonitis beim Herausleiten infektiöser Sekrete auf ein Minimum herabzusetzen. Wann und in welchem Ausmaße zu tamponieren ist, läßt sich naturgemäß durch strenge Regeln nicht feststellen; es sind das Entscheidungen, die jeder Chirurg nach seiner Erfahrung treffen wird. Im allgemeinen läßt sich nur sagen, daß in zweifelhaften Fällen man eher zur Tamponade sich entschließen möge als zum voll- ständigen Verschlusse der Bauchhöhle. Die Entwicklung einer Hernia ventralis kommt wohl häufig nach Tamponade der Bauchhöhle vor, ist aber durchaus nicht die notwendige P^olge derselben. iCs ereignen sich Fälle genug, in denen derart behandelte Wunden mit fester Narbe ausheilen. Man beginnt am 4. oder 5. Tage nach der Operation zuerst die Füllung des Tampons, dann die äußeren Teile des Schleiers selbst durch langsames, leises Ziehen zu entfernen und fährt nach 2 Tagen in dem vorsichtigen Herausziehen fort, bis endlich nach mehreren solchen Prozeduren der Rest des Schleiers mit dem Seiden- faden aus dem Bauchraume extrahiert werden kann. Als Verband solchermaßen tamponierter Wunden nimmt man sterile hydro- phile Gaze in ausreichender Menge, die das Aufsaugen des aus der Bauchhöhle her- ausgeleiteten Sekrets zu besorgen hat.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21536478_0026.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)