Lehrbuch der Speziellen Chirurgie fur Studierende und Arzte : auf Grundlage von E. Alberts Lehrbuch der Chirurgie / neu Bearbeitet von Dessen Schulern G. Alexander [and others] ; herausgegeben von J. Hochenegg.
- Date:
- 1907-1909
Licence: In copyright
Credit: Lehrbuch der Speziellen Chirurgie fur Studierende und Arzte : auf Grundlage von E. Alberts Lehrbuch der Chirurgie / neu Bearbeitet von Dessen Schulern G. Alexander [and others] ; herausgegeben von J. Hochenegg. Source: Wellcome Collection.
Provider: This material has been provided by The University of Leeds Library. The original may be consulted at The University of Leeds Library.
28/938 (page 16)
![Eine weitere Komplikation, die wir aber glücklicherweise recht selten beob- achten, ist das Auftreten von Magen- und Darmblutungen, v. Eiseisberg hat auf dieselben aufmerksam gemacht und erklärt ihr Auftreten als bedingt durch Ulzerationen im Magen oder Darm. \Yir werden ihr Zustandekommen im Anhang an das Kapitel Magengeschwiir besprechen. Besorgniserregend sind stets Lähmungen der Magen- oder Darmmus- kulatur nach Laparotomien. Wie sie zustande kommen, wissen wir genau noch nicht, es scheint, daß es sich um reflektorische Paralysen der Muskulatur handelt, hervorgerufen durch den Insult des Peritoneum, der durch die Operation gesetzt wird. \'on der Trägheit der Darmmuskulatur nach Laparotomien haben wir schon gelegentlich der Naclibehandlung gesprochen. Fehlt die Peristaltik des Darmes durch mehrere Tage gänzlich, so wird schließlich die Auftroibung des Bauches eine so hochgradige, der Allgemeinzustand des Patienten ein so schlechter, daß wir die ernstesten Besorgnisse um das Leben unserer Kranken hegen müssen. Der Gesichts- ausdruck wird ängstlich, die Atnuuig rasch und oberflächlich, der Puls immer kleiner und frequenter, es stellt sich Erbrechen ein, das endlich fäkulent wird — es liegt das gräßliche Bild des Ileus vor. Man hat versucht, diesen paralytischen Ileus durch Physostigmininjektionen (Rp. Physostigm. salicyl. 0 005, Aq. dest. lü'O, 2—3 Spritzen tägl.) zu behandeln, um eine Kontraktion der Muskularis hervorzurufen, in einigen Eällen mit eklatantem p]rfolg (Vogel, Kocher). Handelt es sich um einen mechanischen Ileus, bedingt durch Knickung des Darmes, vielleicht durch Kompression eines Darmstückes durch die Tamponade oder durch frische Adhäsionen, kurz durch mechanische Veränderungen, die bei der Operation erzeugt wurden oder deren unmittelbare Folgen sie sind, so werden wir keinen Augenblick zögern, den Tampon zu entfernen bzw. eine Relaparotomie aus- zuführen, um das Hindernis zu beseitigen. Es leuchtet ein, daß die Unterscheidung zwischen einem paralytischen und einem mechanischen Ileus in vielen Fällen ungemein schwer ist; die Schwierigkeit der Differenzierung wird noch erhöht durch die dritte Möglichkeit, an die wir leider immer denken müssen, daß die Darmlähmung entzündlicher Ätiologie sei, daß eine Peritonitis vorliege. Wir verweisen bezüglich der Diagnose des Ileus auf die in dem betreffenden Kapitel gegebenen Anhaltspunkte. Noch einige Worte über die traurigste Komplikation nach einer Laparotomie: die Peritonitis. NVir müssen im allgemeinen zwei Formen dieser postoperativen Peritonitis unterscheiden : 1. Fälle, in denen es während der Operation zu einer Infektion des Peritoneum kommt, über welche dieses nicht Herr werden kann, sei es, daß bakterienhaltige Hohlräume eröffnet wurden oder nicht. Die Maßnahmen gegen dieses — heutzutage glücklicherweise selten gewordene — Ereignis müssen in erster Linie prophylaktische sein, von diesen war oben die Rede. Ist einmal die Peritonitis manifest, so ist von einer operativen Therapie — der Relaparotomie — kaum viel zu erwarten. Wir beschränken uns darauf, den Organismus in seinem Kampf gegen die Infektion zu unterstützen. Dazu kommen als Mittel in Betracht: alle Stimulantien für das Herz, subkutane Kochsalzinfusionen, denen wir Strophantus- tinktur zusetzen, eventuell feuchtwarme Einpaclvuiigen des ganzen Abdomens. In seltenen Fällen erleben wir die Freude, dadurch noch ein Menschenleben retten zu können. Die zweite Form der Peritonitis ist jene, die erst dann einsetzt, wenn die Nähte, durch welche wir die Hohlorgane verschlossen, an denen wir operiert haben, in- suffizient werden. Es ist dabei eine primäre ausgedehnte Infektion des Peritoneum nicht erfolgt, die Kranken erfreuen sich 2—3 Tage eines relativen Wohlbefindens, am 4.. längstens 5. Tage ist die Kommunikation zwischen Hohlorgan und freier Bauch- höhle komplett und die Peritonitis manifest. Die Peritonitis entwickelt sich in solchen Phallen ähnlich wie bei einer sich allmählich vollziehenden Perforation eines Ulkus. Sind wir imstande, hier rechtzeitig die richtige Diagnose zu machen, wozu allerdings oft der Scliarfblick eines sehr erfahrenen Klinikers erforderlich ist, dann ist auch hier noch chirurgische Hilfe möglich. AVir relaparotomieren sofort und treffen die nötigen Maßnahmen, entweder übernähen wir die Stelle der Nahtinsuffizienz oder wir tamponieren in ausgiebiger Weise die Bauchhöhle, um so den infektiösen Sekreten freien Abfluß nach außen zu verschaffen. Bezüglich der Details in der Behandluno- der Peritonitis ist das betreffende Kapitel nachzusehen. Eine sehr unangenehme Komplikation nach der Laparotomie bilden endlich die Venenthrombosen. Am häufigsten treten sie auf im Gebiete der Vena saphena](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21536478_0028.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)