Lehrbuch der gynäkologischen Diagnostik / von Georg Winter ; unter Mitarbeit von Carl Ruge.
- Georg Winter
- Date:
- 1897
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Credit: Lehrbuch der gynäkologischen Diagnostik / von Georg Winter ; unter Mitarbeit von Carl Ruge. Source: Wellcome Collection.
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![Wo nur ein Verdacht auf Malignität besteht, niuss man mit allen Mitteln zur sofortigen Diagnose zu kommen suchen. Mit Ausschluss dieser Fälle ergiebt die Beobachtung oft recht günstige diagnostische Kesultate. Bei entzündlichen p]rkrankungen führt die Resorption zu charakteristischen Veränderungen In der Gestalt und Consistenz: bei zweifel- haften Adnextumoren wird die Beobachtung mit der Zeit die Tube als Kern derselben erkennen lassen. Bei kleinen Ovarialtumoren wird erst das weitere Wachsthum häufig die Entscheidung zwischen Retentionscysten und Neubildungen sichern; bei Extrauterinschwangerschaft wird man oft erst im Laufe von Wochen zur Klarheit kommen, ob der Fruchtsack noch weiter wächst oder ob das Ei schon abgestorben ist; bei zweifelhafter intrauteriner Gravidität sichert die weitere Beobachtung oft erst die Diagnose, und endlich erst bei Gravidität mit todter Frucht ist die weitere Beobachtung des Uterus das einzige Mittel, welches eine einwandsfi'eie Diagnose giebt. Mit der Beobachtung der Kranken verbindet man zuweilen eine gewisse Behandlung, welche ex mvantibus zur Diagnose führt, z. B. die resorbirende Behandlung bei Entzündungen, die anti- luetische Behandlung bei zweifelhaften Processen an der Vulva. Berück- Berücksiclitigung' des All§emeiiil)eflndeiis. Die gynäkologischen Er- Aiigemein- kraukungen sind im allgemeinen lokaler Natur und stellen sich als örtliche befiudens. Reactlon dar auf Reize, welche die Genitalien während der Geburt, während der Menstruation, durch Infection u. s. w. treffen. Die Diagnostik hat sich deshalb auch meistens an lokale Veränderungen zu halten. Nicht selten aber entstehen gynäkologische Symptome im Verlauf von Allgemein- erkrankungen und sind nur durch diese und nicht durch ein örtliches Leiden hervorgerufen, z. B. Pruritus bei Diabetes, Menorrhagien bei Herz-, Nieren-, Bluterkrankheiten, Fluor bei Chlorose, Amenorrhoe bei Tuberculose. Der Arzt wird in solchen Fällen häufig wegen des gjTiäkologischen Leidens consultirt und entdeckt erst aus' demselben die Allgemeinkrankheit. Wo sich für ein gynäko- logisches S3miptom ein örtliches Leiden als Ursache nicht finden lässt, muss nach einer Allgemeinkrankheit gesucht werden. Weit wichtiger aber noch ist die Berücksichtigung des Allgemeinbefindens für die Feststellung der Folgen, welche das lokale Unterleibsleiden auf entfernte Organe und den ganzen Organismus ausgeübt hat. Dieselben sind beim Weibe so häufig und oft so schwerer Natur, dass der Arzt in jedem Fall die Pflicht hat, den Zustand des ganzen Körpers festzustellen. Man achte auf die allgemeine Anämie, wie sie sich bei Endometriten, blutenden Uteruskrebsen und schweren Katarrhen einstellen; auf die chronischen Intoxi- cationszustände, wie sie sich als allgemeine Schwäche und Abnahme der Er- nährung an Krankheiten anschliessen, welche zur Bildung von Toxinen führen, z. B. Carcinome, Pyosalpinxe, eitrige Exsudate, infectiöse eitrige Katarrhe u. s. w. Am häufigsten steht die Betheiligung entfernterer Organe und des Allgemein- befindens unter dem Einflüsse des Nervensystems. Es ist nicht immer leicht, den Zusammenhang mit den örtlichen Unterleibsleiden festzustellen; auch hier](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21084737_0052.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)