Volume 1
Normale und pathologische Anatomie und Histologie des Grosshirns : mit besonderer Berücksichtigung der Histopathologie der Psychosen und extrapyramidalen Erkrankungen / von A. Jakob.
- Jakob, Alfons, 1884-1931.
- Date:
- 1927-
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Credit: Normale und pathologische Anatomie und Histologie des Grosshirns : mit besonderer Berücksichtigung der Histopathologie der Psychosen und extrapyramidalen Erkrankungen / von A. Jakob. Source: Wellcome Collection.
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![Hirnschwellung und Hirnquellung. (Eine genaue Beschreibung der von Heichardt angegebenen Methode zur Messung des Schädelinnenraums findet sich in der 5. Auflage der Sektionstechnik von Nauwerck [Jena, Fischer, 1912, S. 59 ff.].) Hirnschwellung und Hirnquellung. Die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Gehirngewicht und Schädel¬ kapazität ist für die Frage der Hirnschwellung und Hirnquellung von großer Bedeutung. Nach Heichardt bezeichnet man als ,,Hirnschwellung“ jene ,,Volum¬ vergrößerungen des Gehirns, welche nicht Folge sind von Hyperämie oder von Anwesenheit vermehrter freier Flüssigkeit (Hirnödem, Hydrops meningeus, Hydro- cephalus) und auch nicht Folge von histologischen Veränderungen im Sinne einer Geschwulst oder geschwulstähnlichen Bildung oder von sogenannten Entzün¬ dungen (Eiterung, Abszeß usw.), wodurch die Volumvergrößerung des Gehirns an und für sich restlos und unmittelbar erklärt werden kann“. Im Gegensatz hierzu steht das Hirnödem, d. i. ein Zustand von Vermehrung des freien Organwassers (oder eines ähnlichen, meist eiweißreicheren Transsudates oder Exsudates) in der Hl rnsubstanz selbst unter entsprechender Gewichtszunahme des Gehirns (Heichardt). Von diesem Hirnödem trennt dieser Autor das sogenannte Piaödem (Hydrops meningeus) sowie den Hydrocephalus internus oder externus, welche sämtlich ohne Hirnödem Vorkommen können und zum Teil vorzukommen pflegen. Morphologisch erkennen wir eine Hirnschwellung bei der Sektion vor allem an der völligen oder doch stark ausgesprochenen Abplattung der Windungen und des gesamten Windungsreliefs, an der Trocken¬ heit der Hirnsubstanz und an ihrer eigenartigen, zäh-festen Kon¬ sistenz (vgl. hierzu Kap. Epilepsie im spez. Teile, in welchem ein Epileptiker¬ gehirn im Zustand der Hirnschwellung photographisch wiedergegeben ist). Zumeist ist die Liquormenge dabei äußerst gering, es fließt bei der Eröffnung der Dura nur wenig oder gar kein Liquor ab, und die inneren Hirnhöhlen sind stark zusammen¬ gedrängt. Heichardt nimmt nun, wie wir oben gesehen haben, bei seiner physi¬ kalischen Hirnuntersuchung dann das Vorliegen einer Hirnschwellung als gegeben an, wenn die Differenzzahl zwischen Hirngewicht und Schädelinnenraum nur 8% oder weniger beträgt, während die normale Differenzzahl im allgemeinen 10% ist. Nach anderen Autoren (Hudolph, Apelt, Bolk) schwanken jedoch die normalen Differenzzahlen recht bedeutend (von 5’7% bis ungefähr 12%), nach Panofsky und Staemmler beträgt die Differenzzahl 7*2%. Die starken Differenzen in den Hesultaten der verschiedenen Autoren sind nicht so sehr bedingt durch die verschiedene Methodik der einzelnen Untersucher, als durch andere Momente, die vornehmlich in der Art der jeweiligen Grundkrank¬ heit und der Zeitspanne liegen, welche zwischen Tod und Sektion verstrichen ist. Offenbar spielt letzteres Moment eine recht bedeutsame Holle. Apelt, W. H. Schultze, Panofsky und Staemmler, Böning glauben, daß das Gehirn post¬ mortal im Liquor auf quillt und so tatsächlich an Volumen zunimmt (postmortale Hirnquellung). Es konnte von diesen Autoren nachgewiesen werden, daß die Differenz zwischen Schädelkapazität und Hirnvolumen um so kleiner ist, je später die Sektion statt hat, und daß die Liquormenge entsprechend abnimmt (Panofsky und Staemmler). Dabei sinkt der Lumbaldruck mit der Liquorabnahme (Ausgleich von intravital bestehenden osmotischen Differenzen, Böning). Jenseits von 20 Stunden post mortem ist der Lumbaldruck gewöhnlich negativ (Böning). Auch Strecker, ein Schüler Heichardts, konnte feststellen, daß die Quellungsfähigkeit des Gehirns in vitro mit zunehmender Sektionszeit geringer wird. Er glaubt aber, daß die Liquoraufnahme dabei nur eine untergeordnete Holle](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29929210_0001_0061.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)