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Credit: Die Augenheilkunde der Alten / von Hugo Magnus. Source: Wellcome Collection.
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![Wenigstens meint dies ein in jüdischen Dingen so bewanderter Gelehrter wie Steinschneider. Aber wie dem auch sein mag, der Talmud ist immerhin ein culturgeschichtlich so eigenartiges Werk, dass wir ihn bei einer Darstellung der geschichtlichen Entwickelung unserer Wissenschaft nicht übergehen dürfen. Wir werden in Folgendem deshalb kurz das, was der Talmud in augenärztlicher Hinsicht bietet, darzulegen versuchen. Natürlich vermag ich mich hierbei nicht auf eigenes Quellenstudium zu stützen, muss mich vielmehr auf die von so hervorragenden Bearbeitern wie Wunder- bar, Preuss, Friedmann u. A. gelieferten Arbeiten beziehen. § 16. Die Anatomie und Physiologie des Auges im Talmud. Das Auge führt als Ganzes den Namen Ajin, d. h. Quelle, vielleicht unter Bezugnahme auf die Thränenabsonderung; die Augenhöhle, in der es sich befindet, heisst Chor, d. h. Loch. Die- selbe wird länglich genannt, aber weniger länglich als die Augen- höhle der Thiere. Sie ist mit Fett gefüllt, das durch sein Ver- halten die Stellung des Auges wesentlich beeinflusst. Nach oben wird sie begrenzt durch einen Bogen (arab. Gubbah), welcher die Brauen (Gaboth) trägt. Abnormitäten der Brauen, vor allem deren Fehlen (Gibben), machten zum Dienst im Tempel untauglich. Der Augapfel wurde in einen schwarzen (Schakhor) und in einen weissen Theil (Laban) geschieden; beim Menschen sollte der Letztere, bei den Thieren der erstere überwiegen. Das Schwarze wurde dann in den Randtheil (Sirah) und in die Pupille getrennt. Die Pupille hiess Ischon, d. h. Männchen, welcher Name von dem Spiegelbildchen entlehnt wurde. Daneben existirte auch der Name Galgal, welcher die Kreisform der Pupille kennzeichnen wollte. Die runde Pupille galt als charakteristische Eigenschaft des Menschen und der grösseren Vierfüssler, während man den Fischen und Amphibien eine ovale Pupille zuerkannte. Uebrigens wurde, genau so wie in der griechischen Augenheilkunde, der nämliche Ausdruck ttöpv], resp. otyiq bald für die Pupille, bald für das Auge schlechthin gebraucht wird, das Wort Galgal auch zur Bezeichnung des ganzen Auges benutzt. Die Lider, Wimpern und Brauen werden vielfach mit dem gleichen Namen genannt, so z. B. mit dem vieldeutigen Wort Ris. Uebrigens legte man auf die Erhaltung der Wimpern einen so grossen Werth, dass ein Priester dienstuntauglich wurde, wenn er die Wimpern verlor oder dieselben fehlerhaft wurden.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21171889_0054.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)