J.L. Pagels Einführung in die Geschichte der Medizin : in 25 akademischen Vorlesungen.
- Pagel, J. (Julius), 1851-1912.
- Date:
- 1915
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Credit: J.L. Pagels Einführung in die Geschichte der Medizin : in 25 akademischen Vorlesungen. Source: Wellcome Collection.
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![die Entwicklung der Heilkunde von ihren ersten Anfängen an schon verfolgbar sei bis zu der von ihr schließlich erreichten Höhe, aber wir haben doch aus einer ganzen Beihe von Jahrhunderten literarische Produkte zur Heilkunde, während wir in Babylonien bzw. Assyrien bisher fast nur aus den letzten Jahrzehnten der Assyrerherrschaft Auf¬ zeichnungen besitzen, aus dem Ende des 7. Jahrhunderts, über deren Provenienz aus frühen Zeiten wir bisher nur Vermutungen äußern können, weil die Anhaltspunkte für die höhere Altersbestimmung der Texte nur sehr spärlich und ungewiß sind. In Ägypten haben wir dagegen direkte literarische Texte über Heilkunde, die älter sind als 2100 v. Chr., und solche, die aus der Zeit um 1200 v. Chr. stammen, ja aus den dazwischenliegenden Jahr¬ hunderten gleichfalls medizinische Papyri, z. T. von großer Bedeutung. Aber auch hier sind wie in Sumer, Babel und Assur alle literarischen Texte Kastenwissen; ein einzelner Verfasser tritt nirgends hervor. Ärzte begegnen uns nur in den Urkunden. Ja gerade von dem Arzte, der später zum Halbgott wurde, von Imhutep, besitzen wir keinen medizinischen Lehrtext oder sonst irgendeine medizinisch-literarische Aufzeichnung, so wenig wie von Asklepios oder seinen Söhnen in Alt griechenland. Wie steht es denn aber mit den Heilgöttern Ägyptens ? — Kann man auch Toth, dem einen der großen neun alten Götter, nicht geradezu als Gott der Heilkunde bezeichnen, da sein Machtbereich weit größer ist, so schließt er doch nicht nur als Gott alles Wissens auch das medizinische ein, sondern seine heilende Macht tritt auch direkt vielfach hervor. Auch Chonsu hat heilende Kraft, ebenso die Göttin Isis, die große Magierin. Auch die Priester der Göttin Sechmet waren Ärzte, weshalb der Leibarzt des Königs Saiiure aus der 5. Dynastie, dessen Heliefbild erhalten ist, sich Sechmetua’e‘onch nannte,,, Sechmet ist mir Leben“. Eine Art Asklepios wurde schließlich aus dem Arzte Imhutep aus der Zeit der dritten Dynastie unter König Doser (Tosorthros) ein vergöttlichter Mensch, ein Llalbgott, der zu Memphis a]s Heilgott verehrt wurde und in derZeit von 700 bis zu Alexanders Tagen große Verehrung genoß, eine höhere sogar als der in alexan- drinischer Zeit zu hohen Ehren gelangte Heilgott Sarapis, dessen Her¬ leitung noch immer strittig ist, wenn auch die Annahme, daß er mit dem in Memphis verehrten Unterweltsgotte der Ägypter identisch ist, viel Wahrscheinlichkeit hat. Mit seinem Tempel in Alexandrien stand ja medizinische Kunst und Lehre in den Zeiten des Hellenismus in nahem Zusammenhang. Als Literatur verweise ich auf Turajeff, Bogh Toth, Leipzig 1898; Kurt Sethe, Imhotep, der Asklepios der Ägypter, ein vergötterter Mensch aus der](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b31362680_0051.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)