J.L. Pagels Einführung in die Geschichte der Medizin : in 25 akademischen Vorlesungen.
- Pagel, J. (Julius), 1851-1912.
- Date:
- 1915
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Credit: J.L. Pagels Einführung in die Geschichte der Medizin : in 25 akademischen Vorlesungen. Source: Wellcome Collection.
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![tafeln, Leipzig 1909; [,,P apyrus Bnrgsch mino r“], Zaubersprücho für Mutter und Kind. Aus dem Papyrus 3027 des Berliner Museums von Adolf Erman. (Abh. der Berliner Akademie der Wissenschaften v. Jahre 1901. Mit 2 Tafeln); Hieratische Papyrus aus den Königlichen Museen zu Berlin, 10. Heft. Zaubersprüche für Mutter und Kind, Ostraka, Leipzig 1911 (Pap. 3207, Tafel XVII—XXV; Pap. 1269, magischer Text; Pap. 5570. Rezept). In der allgemeinen literarischen Einkleidung stimmen die medizini¬ schen Texte vom Euphrat und Nil zunächst miteinander überein. So heißt es auf Keilschrifttafel: ,,Wenn einem Menschen sein Inneres schmerzt, es Speise und Rauschtrank nicht annimmt, seine Weichen ihn fressen, so soll er . . und auf Papyrusrolle: ,,Wenn du eine Person mit einem Leiden an ihrem Bauche unter¬ suchst, sie krank ist an ihrem Arm, an ihrer Brust ... so sage du zu ihr . . “ Beide sind also Aufzeichnungen von Beobachtungsmaterial dia¬ gnostisch-symptomatischer Natur und dessen, was sich im Einzelfalle als therapeutisch nützlich erwiesen hat; beide fügen dann in der Regel eine ganze Reihe von Behandlungsvorschlägen an, aus denen der Be¬ nutzer der Aufzeichnungen wählen kann. Aber der babylonisch-assyri¬ sche Text ist über dies Listenartige der Symptome plus pharmakologisch- diätetisch-hyperphysischer Bekämpfung, soweit wir heute sehen können, überhaupt nicht hinausgekommen, während dies ,,Wenn . . . so . .“ am Nil schon die Ausnahme bildet, das Rezeptbuch rein formal schon einen wesentlichen Fortschritt zeigt und vor allem viel Bestrebungen einer diagnostischen Differenzierung im Texte hinzukommen, z. B.: „Untersuchst du eine Person mit Verhärtung ihres Bauches, so lege deine Hand darauf; findest du, daß ihre chait sich verstärkt hat zwischen den daraufgelegten Fingern, so sag du zu ihr: ,es ist die sechen--Krankheit der uchedu‘ . . und es wird dann außer eventueller Therapie ein prognostisches Urteil abgegeben: ,,er soll sich nicht über die Krankheit leichtmütig hinwegsetzen oder auf leichte Mittel vertrauen; es hat sich ein Abszeß mit faulem Eiter gebildet . . .“ usw. Offensichtig hat die ägyptische Medizin schon einen großen Fortschritt zu verzeichnen gegen¬ über dem einfach registrierenden Beobachtungslistenstil der babylonischen Texte, die wir kennen. Es soll dabei noch ganz unberücksichtigt bleiben, daß das ägyptische Textmaterial in der überlieferten Form fast 1000 Jahre älter ist als das babylonische. Denn am Nil ist ein Fortschritt von 1600 bis 600 vor Chr. im medizinischen Wissen kaum eingetreten, und am Euphrat dürften die Texte gleichfalls aus der Mitte des 2. Jahrtausends stammen oder noch älter sein (wie auch die ägyptischen), und nur zufällig](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b31362680_0053.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)