Die Krankheiten des Auges : für praktische Ärzte / geschildert von Ferd. Arlt.
- Carl Ferdinand von Arlt
- Date:
- 1855-1856
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Credit: Die Krankheiten des Auges : für praktische Ärzte / geschildert von Ferd. Arlt. Source: Wellcome Collection.
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![dann kann man mit mehr wenig-er Wahrscheinlichkeit annehmen, dass nicht mehr einfache Aufvvulstung- der Schleimhaut, sondern schon katarrha- liscRe Verschwärung-, Stricturirung oder selbst Obliteration des Thränen- nasenganges eingetreten sei. Stellt sich die Wahrscheinlichkeit überwiegend für einfache Blennorrhoe (mit blosser Schicellung oder Hyperirophirung) heraus, so lasse man bei der allgemeinen diätetischen und (wo solche nöthig erscheint) pharmaceu- tischen Behandlung das Contentum fleissig ausdrücken und 3—4mal des Tages unmittelbar nach, möglichst vollständiger Entleerung ein Colhjrium wie heim chronischen Bindehautkatarrh in den innern Winkel träufeln. Dabei muss der Kranke einige Minuten eine solche Lage annehmen, dass das Collyrium von den Thränenröhrchen gut aufgenommen werden könne. Vor dem Einschlafen lasse man Unguentum cinereum an die Gegend des Thränensackes und die nächste Umgebung einreiben; zu längerem Ge- brauche eignet sich besser eine Salbe aus 3—6 Grau weissem Präcipitat oder Jodkalium auf 1 Drachme Fett. In einigen Fällen hat mir das Auf- streichen von Tinct. jodinae auf die Gegend des Tiu'änensackes treffliche Dienste geleistet, wie diejenigen wissen, welche ia den letzlverflossenen 2 Jahren meine Klinik besuchten. Icli ziehe die Einträullung adstringirenJer Collyrien nach jedesmaliger Ausdrückung des Thränensacltes den Einspritzungen durch die Thränenröhrchen vor. Eine hinreichend feine Spritze, dass die Thränenröhrchen nicht zu sehr ausgedehnt werden, und die ge- hörige Fertigkeit, dass weder Zerrung und Schmerzen^ vielweniger denn Zerreissungen bewirlit werden, kann und soll sich jeder aneignen, der Augenheilkunde betreiben will; aber die Einspritzungen müssen, wenn man damit etwas ausrichten will, minde- stens des Tages einmal gemacht werden, und das ist bei einer Cur, die im Allgemeinen auf Monate, nicht auf Wochen za berechnen ist, wohl in Anschlag zu bringen. Da die Bindehaut ohnehin fast ohne Ausnahme die Zeichen chronischen Katarrhes darbietet, so wird ihr Zustand solche Einträuflungen kaum je conlraindiciren. Ich bediene mich mei- stens des Lapis divinus oder des Sulfas zinci; die Lösungen von Arg. nitricum zersetzen sich vor der Aufsaugung und verursachen leicht die bekannte Verfärbung nicht nur der Cutis, sondern auch der Bindehaut. Zur Injection nimmt man eine ^ne^'sche Spritze, am besten mit einem geraden An- satzrohr, das wenigstens vorn nicht über % Pariser Linie dick sein darf, daher aus Gold angefertigt wird. Um dieses Rohr bequem einzubringen, ist es bisweilen nöthig, den Thränenpunkt durch vorläufige Einführung einer dünnen ungeknopften Sonde etwas aus- zudehnen. Die zur Sondirung vorgeschlagenen Schweinsborsten können meines Erach- tens vorn nie so abgerundet werden, dass sie nicht kratzen. — ]\Ian wählt zum Ein- spritzen gewöhnlich den untern Thränoiipunkl, nicht weil er weiter, sondern in der Regel bequemer gelegen ist. Will man das untere Thränenröhrchen der linken Seile sondiren oder injiciren , so setze num den Kranken so, dass sein Kopf mit der linken Hand leicht an eine Wand oder Scssellchuo angedrückt werden kann, zielie das untere](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b20406319_1081.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)