Ein Lebensbild geschrieben von ihm selbst / ergänzt von E. Landoldt.
- Johann Friedrich Horner
- Date:
- 1887
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Credit: Ein Lebensbild geschrieben von ihm selbst / ergänzt von E. Landoldt. Source: Wellcome Collection.
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![Hand seiner Führung nie schmerzhaft, ja verelirten ihn mit wach- sendem Verständnis immer mehr; wie wir anderseits durch die Güte und frohe Natur der Mutter die sorgenvolle Atmos])hän' des Hauses nicht als verkümmernde Last fühlten. Der schönste Tag der Woche war immer der Freitag. Da versammelten sich Mittags und Abends die Enkel im Hause des von allen geliebten Grossvaters Johannes Zeller'. Im Kreise mun- ' Der auffallend kleine, sehr bewegliche Mann war ein Typus jener guten Bürgersorte, welche durch tüchtige Arbeit nicht nur eine freie Exi- stenz zu gewinnen, sondern auch der geliebten Vaterstadt, dem Rufe Zürichs, einen Dienst zu leisten strebte. Es war ein ungewöhnlicher Kreis tüchtiger, energischer, scheinbar harter Männer, die aber wie die zAvei Brüder, Zeller zum Bierhaus und Zeller zur Walche, im Stillen unendlich viel Gutes thaten. Mein Grossvater zeichnete sich durch eine ungewöhnliche geistige Frische aus, derart, dass er den enormen Fortschritten seines Faches (Seidenfärberei) folgen konnte, noch im Alter von 80 Jahren in der technischen Gesellschaft über neue Farben Vortrag hielt und, mit seinem Sohne Ferdinand zusammen, manchen Lyoner- und Crefelder-Färber erzog. Sein eigenes Leben war von Jugend auf ein schweres. Früh ohne Vater, aber allerdings von einer tüch- tigen Mutter geleitet, machte er seinen AVeg ganz selbst. Köstlich war's, wenn er uns von seinem Aufenthalte in Lyon und Nimes erzählte, zur Zeit der fran- zösischen Eevolution, und wie er seines Zopfes halber fast geschlagen worden sei. Ein verständiger Mann drängte ihn, der noch zu wenig französisch wusstc, um das Geschrei „ä bas la queue richtig zu deuten, in eine Friseurbude, um kurz das Appendix abzuschneiden. Schwer war auch sein späteres Leben dadurch, dass seine tüchtigen Kinder in grosser Zahl jung starben und Fa- milien hinterliessen, die meistens wieder ihm anheimfielen. Drei Töchtdi imd zwei Söhne, alle verheiratet, begleitete er zum Grabe. Als er seiner liebsten Tochter, meiner Mutter, im Leichenzimmer ein langes, schweres Lebewohl gesagt hatte, wandte er sich mit seltener Geistesstärke und Willenskraft der Fürsorge für uns fünf Kinder zu. Bis zuletzt blieb er frisch, hasste jode Kopf- hängerei und freute sich an der Jugend. Meine Frau, mit der or noch T/s Jahr zusammen war, erfreute seine letzte Zeit besonders. Er starb im April 1866, im Alter von 88 Jahren.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21778553_0018.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)