Histologische Studien zur Differenzialdiagnose der progressiven Paralyse / von Alois Alzheimer.
- Alois Alzheimer
- Date:
- [1904?]
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Credit: Histologische Studien zur Differenzialdiagnose der progressiven Paralyse / von Alois Alzheimer. Source: Wellcome Collection.
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![überzeugen, daß unveränderte Ganglienzellen nicht die Regel, son- dern die Ausnahme bilden. Die Ganglienzellveränderungen, welche man findet, können der allerverschiedensten Art sein und ich glaube, alle von Nissl beschriebenen Formen, manchmal mehrere Arten neben- und untereinander und dazu häufig solche, die Kombinatio- nen verschiedener Erkrankungsarten darstellen, neben andern, noch nicht näher beschriebenen Erkrankungsbildern gesehen zu haben. Einige finden sich besonders häufig, so die von Nissl als chronische Erkrankung, als körniger Zerfall, als Rarefizierung, als schwere Zellerkrankung beschriebene Form, die Pigmentdegeneration und die akute Zellveränderung Nissl's, letztere zuweilen aufgepfropft auf eine der schon erwähnten Erkrankungsarten. Im allgemeinen sind Mischformen und weniger scharf gekennzeichnete Erkrankungs- zustände sogar häufiger als die von Nissl beschriebenen, leichter erkennbaren Formen. Diese auffällige Erscheinung könnte uns. bedenklich machen, ob überhaupt die Ganglienzellveränderungen, wie wir sie heute, besonders an Präparaten nach der NissL'schen Fär]pung, sehen und durch Nissl's Vorarbeiten kennen, einen wesentlichen Ausdruck verschiedener Schädigungen darstellen, ob ihnen eine größere Bedeutung für die patho- logische Histologie zukommt. Doch sprechen wichtige Gründe dafür, daß diese Zellveränderungen nicht als bedeutungslose Umwandlungen des normalen Zellbildes betrachtet werden dürfen. Denn zunächst sehen wir, daß mit bestimmten Umlagerungen der chromatischen Substanz, welche in erster Linie den pathologischen Zellformen ihr Gepräge geben, auch ganz bestimmte Veränderungen am Kern und Kernkörperchen, an Form und Größe des Ganglienkörpers und seiner Fortsätze einher- gehen, wie dies Nissl eingehend beschrieben hat. Zweitens müssen wir annehmen, daß eine Umlagerung der chromatischen Substanz, die nor- malerweise nur die Fibrillenbahnen freiläßt, auch eine Schädigung der Fibrillen selbst andeutet, also eine Schädigung von Zellstrukturen, die direkter als die Chromatinmassen mit nervösen Funktionen in Zusammen- hang zu bringen sind. Dazu finden wir die im NissL'schen Präparat an gesunden Zellen ungefärbten Fibrillenbahnen bei krankhaften Zuständen oft gefärbt, was wieder eine Veränderung derselben beweist. Drittens sieht man vielfach, daß mit bestimmten Ganglienzellveränderungen auch ein bestimmtes Verhalten der Trabantzellen einhergeht, deren Wuche- rung oder Rückbildung, wie wir später noch sehen werden, Störungen in den feinsten periganglionären nervösen Strukturen anzeigen dürfte. So er- scheint es wohl sicher, daß die verschiedenen Ganglienzellveränderungen nicht auf gleichgültige Umlagerungen der Granula beruhen, sondern den Ausdruck verschiedenartiger, tiefergreifender Schädigungen, daß sie mit kurzen Worten verschiedene Erkrankungszustände darstellen. Viel- leicht wird uns ein genaueres Studium des Verhaltens der Fibrillen, der Golginetze und der Trabantzellen, sowie der Umstände des Vorkommens der verschiedenen Formen allmählich einen besseren Schlüssel zu ihrem](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21295165_0042.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)