Die Fadenpilzerkrankungen des Menschen / von Robert Otto Stein.

  • Stein, Robert Otto.
Date:
1914
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Credit: Die Fadenpilzerkrankungen des Menschen / von Robert Otto Stein. Source: Wellcome Collection.

    142/196 (page 70)
    Fadenpilze so leicht und das Aussehen der einzelnen Kolonie so charak- teristisch, daß wir die experimentelle Orchitis nur in den seltensten Fällen zur Diagnose werden heranziehen müssen. Impft man eine männliche Ratte intraperitoneal mit einer Kultur- aufschwemmung oder mit reichlich Parasiten führendem Eiter, so schwellen die beiden Hoden ungefähr am 15. Tage an. Sie nehmen alsbald an Vo- lumen zu, sind gespannt und hindern das Tier am Laufen. Die Infiltrate vereitern, die Abszesse bleiben entweder geschlossen oder der Inhalt ent- leert sich nach Usurierung der darüber ziehenden Skrotalhaut durch eine Fistel. Die Autopsie ergibt in diesem Stadium zahlreiche Granulationen auf dem Peritoneum parietale und auf der Serosa des Darmes. Die stärk- sten Veränderungen finden sich am Samenstrang, Nebenhoden und Hoden. Sämtliche Hüllen des vas deferens sind derb infiltriert, die Epididymis ist in eine harte, von zahlreichen Knoten durchsetzte Masse umgewandelt, die Scheiden des Hodens verdickt und miteinander verwachsen, das ganze Organ in eine Schale chronisch entzündlicher Membranen eingebettet. Zer- streut im Parenchyme des Hodens und Nebenhodens finden wir teils einzel- stehende teils konfluierende, zentral nekrotische oder vereiterte Herde. Der anatomische Befund erinnert so sehr an die menschliche Genitaltuber- kulose, daß de Beurmann die Vermutung ausspricht, es könnten viel- leicht manche Fälle scheinbar kryptogenetischer Nebenhodentuber- kulose ätiologisch auf Sporotrichose zurückzuführen sein. Mikroskopisch erweisen sich diese Hodensporotrichome aus chronischem Granulationsgewebe zusammengesetzt; sie enthalten in ihrem Zentrum den typischen Mikroabszeß und die ,,formes globuleuses“ des Parasiten in reicher Menge. Endlich müssen wir noch erwähnen, daß die experimentelle Sporo- trichose auf die Nachkommenschaft übertragbar ist; de Beurmann berichtet über eine hereditär sporotrichotische Ratte, die eine dif- fuse Gummeneruption an der Haut darbot. Aber ebenso wie der Mensch können auch Tiere spontan an Sporo- trichose erkranken; Lutz und Spiendore beschrieben eine durch Sporo- trichon de Beurmann bedingte Rattenepidemie. Fonteynot und Ca- ro ugeau beobachteten in Madagaskar ein sporotrichotisches Maultier, und Gougerot und Caraven berichteten über drei aus einem Wurfe stam- mende, durch diesen Keim infizierte Hündchen. Ein weiteres Argument für die Pathogenität der de Beurmannschen Pilze ist der gelungene Nachweis im kreisenden Blute. Widal und Weil entnahmen einem Sporotrichotiker mit 97 Hautgummen 20 ccm Blut aus der Vene und verteilten es in 500 ccm Glykosebouillon. Nach 6 Tagen waren die ersten Kulturen an der Oberfläche in Form von Mycelien sichtbar.